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Die Uni Karlsruhe, die Pleite und das Bundesverfassungsgericht

Hadmut Danisch
21.7.2010 1:19

Was kommen mir denn da für seltsame Dinge aus Karlsruhe zu Ohren?

Da hatte ich doch kürzlich erst über seltsame Vorgänge am Bundesverfassungsgericht geschrieben (hier und hier). Das scheint alles noch schlimmer zu sein, was die Verbindungen zwischen dem Bundesverfassungsgericht und der Uni Karlsruhe angeht:

  • Die Verfassungsrichterin Hohmann-Dennhardt sitzt im Hochschulrat der Uni Karlsruhe
  • Schon aus verschiedenen Richtungen (sogar von Karlsruher Professoren selbst) wurde mir das Gerücht zugetragen, daß die Uni Karlsruhe – oder KIT, wie sie sich in plagiativer Hybris nennt – vom Rotary Club und teils von deren Abspaltung Lions vollständig unterwandert und durchseucht seien. Karriere machten in deutlicher Bevorzugung Rotarier. Laut Wikipedia sind/waren aber verblüffend viele Verfassungsrichter ebenfalls Rotarier: Ernst Benda, Udo Di Fabio, Michael Eichberger, Hans-Joachim Jentsch, Paul Kirchhof, Hans-Jürgen Papier, Andreas Voßkuhle.
  • Und nun höre ich gerade, daß Luise Barnstedt über eine Sonderregelung in das Präsidium der Universität Karlsruhe gewählt wurde. Luise Barnstedt ist Direktorin am Bundesverfassungsgericht, war aber vorher schon Vizekanzlerin der Uni Karlsruhe und Kanzlerin der Uni Konstanz.

Da herrscht eine enorme Verflechtung zwischen dem Bundesverfassungsgericht und der Universität Karlsruhe. Man muß sich durchaus fragen, wie das Bundesverfassungsgericht hier noch unbefangen gegenüber der Universität Karlsruhe urteilen können soll. Und bisher gab es ja auch mehrfach schon fragwürdige Entscheidungen zugunsten der Uni Karlsruhe, etwa im Streit um Professuren, im Schmiergeld-Promotionsskandal und bezüglich der Hectorstiftung. Und dann die Sache mit den erheblichen Manipulationen bei der Wahl des Rektors Hippler (siehe Adele), an denen eine Verfassungsrichterin beteiligt war. Oder die komische Zuziehung eines Karlsruhers zur Entscheidung über Wahlmaschinen. Alles überaus fragwürdig.

Was dazu jetzt aber noch paßt wie die Faust aufs Auge: Angeblich ist die Uni Karlsruhe in Finanzschwierigkeiten geraten (bitte an die Leser um Rückmeldungen und weitere Hinweise, Bestätigungen, Dementis). Sie sollen bei der – sowieso schon lächerlichen – Einführung der SAP-Finanzbuchhaltung die Konten für externe Professuren usw. vergessen haben, was dazu geführt haben soll, daß der Kontostand laut Buchhaltung und der tatsächliche Kontostand massiv auseinandergedriftet sind (wer baut denn so einen Mist?) und sie deshalb davon überrascht worden seien, daß sie laut Buchhaltung Geld haben, de facto aber hart an der Pleite sind und nach Geld graben müssen. Wenn das stimmte, wären sie noch größere Stümper, als ich bisher dachte.

Das wirft aber auch ein neues Licht auf die Geldflüsse. Wie ich schon öfters berichtet habe, gab es erhebliche Unregelmäßigkeit, Mauscheleien und eilig vernichtete Akten bei der Exzellenzinitiative, unter Federführung der Ministerin Schavan, ehemalige Ministerin in Baden-Württemberg. Ich habe schon früher vermutet, daß die Exzellenz-Initiative ein großer Schwindel ist. Diente sie dabei vielleicht einfach nur dem banalen Zweck, der Uni Karlsruhe aus dem Bundeshaushalt Geld zuzuschanzen? Schiebung beim Preisausschreiben als getarnte Geldwäsche?

Dient diese dubiose Hector-Stiftung am Ende gar nicht der Gehaltszulage für die angeblich weltbesten Wissenschaftler? Ist das vielleicht nur der Vorwand, das Feigenblatt, und diente das nur als Rettungsring um die Uni vor der Pleite zu bewahren?

Ist das vielleicht der Grund, warum das Bundesverfassungsgericht meine Beschwerde gegen die Hectorstiftung nicht angenommen hat, obwohl diese nach ihrem vorgeblichen Zweck offensichtlich und eklatant gegen die bisherige Rechtsprechung zum Beamtenrecht verstößt? Weil der wirkliche Zweck vielleicht ein ganz anderer ist und die ostentative Anwerbung von Professoren mit Stiftungsgeldern nur eine geschickt eingefädelte Camouflage? Geht es gar nicht um Weltelite, sondern darum, eine weltweite Blamage zu verhindern?

Bei der engen Verflechtung zwischen Bundesverfassungsgericht und Uni Karlsruhe wüßten die das am Gericht, wenn die Uni hart an der Pleite wäre. Und sie wüßten es, wenn die Stiftung in Wirklichkeit eine getarnte Rettungsaktion war.

Hat das Bundesverfassungsgericht hier aus Staatsräson und wegen seiner Beziehungen zur Uni Karlsruhe gegen seine eigene Rechtsprechung verstoßen und den – augenscheinlichen – Bruch des Beamtenrechts hingenommen? Weil es in der Sache vielleicht gar nicht um die Beamtenzulagen, sondern um die Rettung der Universität schlechthin ging? Und zumindest dieses Blog scheint die Finanzprobleme in Karlsruhe zu bestätigen. Nun haben die die Landesmittel, die Studiengebühren, die Exzellenzzulage, die Hector-Stiftung – und kommen immer noch nicht mit dem Geld klar. Wo versickert all das Geld? Wer stopft sich da die Taschen voll?

Hat man die BVerfG-Direktorin Barnstedt da als so eine Art Oberaufseher (oder Insolvenzverwalter?) eingeschleust?

Mir wurde auch zugetragen, daß die Ratten das sinkende Schiff – pardon – daß die Angestellten die Uni Karlsruhe verlassen und in Scharen davonlaufen. Nahezu allen erfahrenen Führungskräfte seien gegangen (woran mich eigentlich nur überrascht, daß es sowas an der Uni Karlsruhe überhaupt je gegeben haben soll), wegen der hundsmiserablen Arbeitsatmosphäre (kein Wunder). Angeblich (weiß jemand, ob das so stimmt?) hätten sie im Studienbüro die vierte Leiterin innerhalb von vier Jahren – die jetzt dauerhaft krank sei, und der Stellvertreter habe schon gekündigt. Selbst das Rechenzentrum sei desolat und so heruntergekommen, daß sie allen Ernstes für die Studentenmailboxen einen Microsoft-Exchange-Server für 600k-Euro aufgestellt hätten (falls das wirklich stimmt: wie kann man denn so bescheuert sein?), weil es für mehr als Windows-Beklicken dort auch nicht mehr reichen soll.

Kurzum, der ganze Laden fällt angeblich in sich zusammen. Was man in Deutschland eben so unter Spitze der Exzellenz versteht (oder als solche ausgibt). Vielleicht sollte man sie noch von KIT nach KIM umbenennen – Karlsruhe Institute of Mismanagement. Oder KII – Incompetence. Sich selbst Vorstand und Aufsichtsrat zu nennen und sich als Universität wie ein Konzern aufzuführen bringt eben noch lange keine Managementfähigkeiten. Der Laden ist stümpferhaft und mit krimineller Energie geführt und über Jahre heruntergewirtschaftet worden. Kein Wunder wenn man bedenkt, wie der Rektor „gewählt” wurde.

Und gerade diese Verflechtung des Bundesverfassungsgerichts mit der Uni Karlsruhe und damit mit deren Finanzproblemen könnte überhaus kritisch sein. Kann man da mit einer Verfassungsbeschwerde gegen deren Titelhandel und Schmiergeldwirtschaft noch durchkommen?

Nachtrag: Eigentlich ist das schon intellektuelle Insolvenzverschleppung.

9 Kommentare (RSS-Feed)

moni
21.7.2010 16:02
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“was dazu geführt haben soll, daß der Kontostand laut Buchhaltung und der tatsächliche Kontostand massiv auseinandergedriftet sind (wer baut denn so einen Mist?)…Geht es gar nicht um Weltelite, sondern darum, eine weltweite Blamage zu verhindern?”
Dazu dieser wunderbare Artikel von Daniel Neun/der Washington Post:
http://www.radio-utopie.de/2010/07/20/top-secret-america-eine-versteckte-welt-jeder-kontrolle-entwachsen/
Es ist sicher nicht dasselbe, aber organisationslogisch nehme ich an, man könnte viele, viele, viele Analogien ausfindig machen zu dem, was an den Universitäten vorgeht. Ich nehem durchaus an, dass auch hier nicht mehr alle wissen, was die anderen alles so machen. Aber jeder macht irgendwas und hofft, es wird schon einen Sinn haben…
Könnte man nicht vielleicht das, was die Washington Post mit dem “Sicherheitsapparat” gemacht hat, auch mit den (deutschen) Universitäten durchführen? Die Uni Karlsruhe scheint jedenfalls genug Ahnhaltspunkte für mannigfaltige Verstrebungen zu enthalten, die wohl das gesamte Bundesgebiet durchziehen dürften.

++++

“Nahezu allen erfahrenen Führungskräfte seien gegangen.”
Auch hier gibt es sicherlich auch organisationslogische Gründe. Die Einführung des Bachelor (die Methode!) dürfte manche komplett desillusioniert haben. Nur ein Beispiel: vor einem Jahr hatte ich ein Seminar bei einer Professorin (Uni Mainz…), die mit hauptverantwortlich war für die Einführung des Bachelors in ihrem Fachbereich (Pädagogik). Gleich zu Beginn des vorletzten Seminars musste sie gehen, Begründung: “Wir müssen noch die Kontingente verteilen (zb ECTS-Punkte-Schemen, Seminarteilnehmerzahlen, Seminarzahlen, Raumplanungen etc.). Vor zwei Wochen bekamen wir die Anweisung, mit den gleichen Mitteln die doppelte Anzahl an Studenten zu versorgen”. Der Tag meines Seminars war Stichtag, bis 18.oo Uhr musste alles fertig sein (das Seminar begann 16.oo Uhr). Sie verschwand dann einfach und wir hatten darauf ein sehr angenehmes Seminar, in dem es tatsächlich mal um Probleme ging, die relevant waren (da fiel mir das erst Mal auf, dass man ohne Professoren/Gatekeeper manchmal weiter kommt, als mit ihnen). Sie kam dann gegen 17.3o Uhr wieder und sagte in etwa (ganz aus der Puste): “Das war Wahnsinn, was wir da gerade gemacht haben! Wir haben einfach nur noch die Zahlen irgendwo hingeschoben, weil wir fertig werden mussten. Es war der komplette Wahnsinn.” Wenn sowas an einem Ort passieren kann, passiert es nicht nur an einem Ort. Die Folgen, mit denen der Fachbereich jetzt zu kämpfen hat, kann man sich denken.

+++

Wegen der Verfassungsklage: gibt es denn irgendwo ein Gesetz oder wenigstens irgend etwas Hinweismäßiges, für den Fall, dass etwas vom BVerfG entschieden werden _müsste_, aber nicht _kann_, aufgrund der Befangenheiten und Verflechtungen eines Großteils oder aller beteiligten Richter, Prüfer etc.? Gab es sowas denn überhaupt schonmal (seit der Einführung des GG)? Müsste man vielleicht eher eine Petition o.Ä. stellen, in der man fordert, dass eine (“unabhängige”) Gutachterkommission erstmal die Lage klären müsste? Hätte so eine Kommission eine Sinn?


Stefan
21.7.2010 20:40
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>daß sie allen Ernstes für die Studentenmailboxen einen Microsoft-Exchange-Server für 600k-Euro aufgestellt hätten (falls das wirklich stimmt: wie kann man denn so bescheuert sein?)

bis auf den Preis, ueber den ich nix genaueres weiss, kann ich das bestaetigen. Das alte System hat eigentlich ziemlich gut funktioniert, und nun kommt man an den webmailer nur ueber Outlook Web Access ran, der selbstverstaendlich nur mit dem IE gut zu bedienen ist. Auch manch IMAP-client mag nicht mehr so wie frueher.

Ich hab vor ein paar Wochen auch eine Diskussion auf einer 2t-Semester Mailingliste (Fach Softwaretechnik ) verfolgt, in der es um das Zertifikat des Praktomaten ging, wo einer ohne probleme eine gefaelschte Mail einschleusen konnte. Auch gehen im Uni-Netz perfekt auf die uni zugeschnittene SPAM-Mails rum die einem die Zugangsdaten abphischen wollen.

In letzter Zeit sind auch vermehrt Probleme im Wohnheimnetz aufgetreten, was am Wochenende natuerlich ganz und gar nicht lustig ist.

Ich bin nun offiziell Ex-KIT-Student. Als ich im Studienbuero dann etwas lauter als noetig “Ich bin FREI” gesagt hab, haben die Damen weniger verdutzt geschaut als ich erwartet hab.


Hadmut Danisch
21.7.2010 22:27
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Sind die von Microsoft bestochen worden oder was? Hab ich bei den 600k-Euro vielleicht die Zahlungsrichtung nicht richtig verstanden?

Wie kann man denn so einen Schwachsinn bauen?

Wie kommen die eigentlich dazu sich Institute of Technology zu nennen?


Stefan
21.7.2010 23:11
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Frag mich was leichteres. Ich bin froh von dem Laden weggekommen zu sein mit “nur” 2 Jahren Verlust. Mal sehn, wenn ich mich aufraffen kann schreib ich vielleicht ein bissel was dazu. Ich sag nur: Finger weg von der Uni Karlsruhe, zumindest in der Informatik.


Hadmut Danisch
21.7.2010 23:16
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Ja, schreib mal was. 🙂

Karlsruhe Informatik ist ja mein Lieblingsthema (unter den vier in meinem Forschungsmafia-Logo genannten Gesichtspunkten).


Fabian
22.7.2010 0:08
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Zum Thema Exchange-Server: Tatsächlich waren es sogar 675.000 Euro. Der vorgeschobene Grund dafür war übrigens, dass das FZK eine Exchange-Installation betrieben hat und man ja “zusammenwachsen” wollte. Das die naheliegende Variante dann eine Migration des FZK auf das bisher von der Uni benutzte freie System gewesen wäre – das wäre ja zu einfach gewesen. Die Anschaffung wurde durch das Rektorat forciert. Ob die sich überhaupt und wenn ja was die sich wirklich dabei gedacht haben – keine Ahnung. Die Phisingversuche gab es aber auch schon zum Zeiten als noch IMP benutzt wurde.

Was das Personal angeht: bei manchen Fakultäten/Instituten hat man den Eindruck sie wüssten gar nicht wohin mit dem Geld und es wird massiv zusätzlich eingestellt, allerdings gibt es auch Institute/Fakultäten die leer ausgehen und totgespart werden. Mein Eindruck – ich kann es leider nicht genau quantifizieren – ist das in den vergangenen zwei-drei jahren auffällig viele Hausberufungen (oder Berufungen die stark danach rochen) stattfanden. Kennzeichen: Ausschreibung nur im B-W Staatsanzeiger, und entweder sehr speziell oder sehr allgemeiner Ausschreibungstext. Zum Rotary/Lion-Bonus kann ich aber im Speziellen nichts sagen. Aber mit den “Shared Professorships” (Professuren die auf Zeit und zur Hälfte von der Industrie finanziert werden) scheint mir ein zweifelhaftes Instrument geschaffen worden zu sein.

Und das Studienbüro scheint tatsächlich eine neue Leitung zu haben. Ist die dritte die mir bewusst ist (innerhalb der letzten drei Jahren). Aber warum da gewechselt wurde kann ich nicht sagen.

Aprospos Karlsruher Institute of Mismanagement – KIM steht ja für Karlsruher Informationsmanagement (http://www.cio.kit.edu/59.php) und ist auch ein Musterbeispiel von Verschwendung von Steuern und Studiengebühren – man betrachte sich nur den Zeitplan (der garantiert wieder nicht eingehalten wird, wie schon seit über nen halben Jahrzehnt)


Hadmut Danisch
22.7.2010 0:16
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Ja, das mit den Hausberufungen habe ich an einem Fall in der Informatik sehr deutlich mitbekommen.

Da grassiert die Korruption ganz massiv – und wird vom Bundesverfassungsgericht noch protegiert.

Professuren auf Zeit dürfte es nach der Rechtsprechung des BVerfG (jedenfalls wenn es um Beamtenstellen geht und von angestellten Professoren hab ich in BW noch nicht gehört) gar nicht geben.

Aber was – wenn nicht Bestechung – bringt denn ein Rektorat dazu, die Anschaffung eines Exchange-Servers für soviel Geld zu forcieren, wenn man schon ein besseres und billigeres System hat? Haben die da Provision kassiert?


Matthias
22.7.2010 11:21
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Der große Witz ist ja auch – wenn ich da nichts übersehen habe – dass der Wechsel auf Exchange durch Studiengebühren finanziert wurde (siehe z.B. http://www.zvw.uni-karlsruhe.de/download/senatskomm_vorschlag_zustimmungRR_20080625.pdf ). Verbessert hat sich an der Lehre dadurch natürlich nicht wirklich etwas, es sei denn man schreibt dem Adressbuch-Debakel und den Phishing-Geschichten pädagogischen Nutzen zu.

Aber Studiengebühren sind ja nochmal ein ganz anderes Thema an der Uni Karlsr… pardon am KIT. Schon interessant, was vorher noch aus Mitteln des Landes bezahlt wurde und nun alles durch Studiengebühren finanziert wird.


Stefan
24.7.2010 19:55
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> … weil es für mehr als Windows-Beklicken dort auch nicht mehr reichen soll.

Da faellt mir noch ein, da war vor ein paar Wochen mal das Wohnheimnetz und eventuell noch einiges weiteres Netzwerkmaessig tot. Irgendwann kam dann die Nachricht, die sinngemeaess lautete: “Wir haben in der Pre-Configuration von einer Aenderung was verhauen”. War nicht das einzige mal dass es da in den letzten Wochen Pobleme im Netz gab.