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Der Typ-II-Doktor der Frau Ministerin

Hadmut Danisch
1.12.2009 1:23

Die Süddeutsche Zeitung schreibt Erleuchtendes über den Doktorgrad der neuen Bundesministerin Kristina Köhler. Das wirft erhebliche Fragen auf. Die Einflüsse der CDU auf Promotionsverfahren werden immer erstaunlicher.

Erst kürzlich habe ich hier über den Fall Carsten Maschmeyer berichtet, der nach Stand des Wissens nur mit Geld promoviert und dazu noch eine Laudatio eines CDU-Ministerpräsidenten bekam.

Und nun liest man das in der Süddeutschen Zeitung. Die Dissertation werde im Dezember veröffentlicht, steht da. Was die interessante Frage aufwirft, warum sie sich auf ihrer Webseite jetzt schon mit Dr.-Titel darstellt. Normalerweise bekommt man die Promotionsurkunde erst nach der Veröffentlichung und darf sich auch erst dann selbst Doktor nennen. Wer das vorher macht, begeht formal eine Straftat, nämlich den Titelmißbrauch, und kann damit eigentlich den Doktor schon wieder verlieren, bevor er ihn überhaupt hat. Wenn das stimmt, was da in der Süddeutschen steht, daß die Diss erst im Dezember veröffentlicht wird, müßte man sich mal sehr genau die Promotionsordnung dort anschauen. Aber vermutlich gelten für CDU-Interessen wieder Sonderregeln.

Bemerkenswert auch, was die Süddeutsche über Typ-II-Arbeiten schreibt. Die Bezeichnung war mir noch gar nicht geläufig. Und interessant ist auch, wieviele Helfer die gute Frau bei ihrer Dissertation gehabt haben soll. Wenn aber in der Dissertation nichts neues steht – wie die Süddeutsche behauptet – dann wird man die Frage stellen müssen, wie die Frau überhaupt zu ihrem Doktor kam.

Denn das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat ja rechtskräftig – und vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gebilligt – entschieden, daß eine Dissertation nur dann promotionswürdig ist, wenn sie erheblichen Neuigkeitswert auf internationalem Niveau hat und der Wissenschaft nachweisliche Fortschritte bringt. Ansonsten müsse sie abgelehnt werden. (Jedenfalls dann, wenn man den Prüfern kein Schmiergeld zahlt.)

Wie aber kommt dann – vorausgesetzt es stimmt, was die Süddeutsche da schreibt – daß eine CDU-Politikerin so zu ihrem Doktor kommt? Wissenschaftsschwindel als Weg zum CDU-Bundesminister?

Das könnte noch lustig werden.

Nachtrag: Laut Amazon ist das Werk noch nicht erschienen.

2 Kommentare (RSS-Feed)

quarc
1.12.2009 20:18
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Auf ihren Webseiten gibt sie Februar 2009 als Datum der Promotion an.
Die Arbeit ist hier im Katalog der Bibliothek. Das dürfte bereits dem
Veröffentlichunsgebot genügen. Vielleicht ist in der Süddeutschen eine
weitere Veröffentlichung als Buch gemeint.


quarc
3.12.2009 21:33
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Wie weit es mit ihrer Sorgfalt im Umgang mit Zitaten etc. so bestellt
ist, wird am Rande auch noch in diesem (atwas älteren) Panorama Video
sichtbar (gefunden durch Mein Parteibuch.
Die Youtubefassung hat zwar einen idiotischen Titel und der Beitrag
beschäftigt sich auch in erster Linie mit der Hessen CDU im allgemeinen,
aber zwischen 5:24 und 8:00 kommt auch die Familienministerin als Beispiel vor.