Noch mehr Wissenschaftsgeschwindel und Titelhandel…
Es wird immer mehr. Eigentlich sollte man nur noch über gute Wissenschaftsarbeit berichten, das wäre nämlich viel weniger Arbeit.
Debora Weber-Wulff berichtet in ihrem „Copy, Shake, and Paste-Blog” über gekaufte (und teils seltsame) Titel:
- Purchasing a title – wobei ich mir, wenn ich so drüber nachdenke, eigentlich auch mal einen Platz unter den „2000 Outstanding Intellectuals of the 21st century” leisten könnte, das macht sich auf Visitenkarten und bei Berufungen sicher gut.
- Professors und purchased titels – ein Professor in Illinois ist wegen eines gekauften Doktors aufgeflogen, und nun kommt man plötzlich zu der Erkenntnis, daß es doch eigentlich auf dessen Leistung und nicht dessen Doktor ankäme. Ach, gar. Welche Überraschung. Und in Schweden haben sich Professoren für die Forschungsgelder ihre Lebensläufe mit allerlei gekauftem Lametta aufgepumpt.
Kann nicht mehr lange dauern, bis „Professor” als Schimpfwort und Beleidigung anerkannt wird. Eigentlich sind wir ja schon mittendrin.
Ein Leser hat mir noch ein paar interessante Links geschickt (besten Dank mal wieder 🙂 ):
- Der Plagiatsjäger Stefan Weber hat in Österreich einen kapitalen Zwölfender geschossen: Die Doktorarbeit des österreichischen Wissenschaftsministers Johannes Hahn war faul, der hat abgepinnt und nicht richtig zitiert, wie Die Presse berichtet. Wie immer kommt dann die Universität zu dem Ergebnis, daß da gar nichts schlimmes war, alles ganz normal. Er habe ja irgendwo die Quellen auch zitiert, nur lediglich vergessen an den Zitaten dranzuschreiben, daß es Zitate waren. Ach so. Typischer Fall von Bauernopfer-Zitat, der Schwindel mit Hinterausgang. Kommt ganz groß in Mode. Zitat Gerhard Fröhlich:
„Einen solchen laxen Umgang mit Textübernahmen würde ich einem studentischen Referat nicht durchgehen lassen.”
- Völlig überraschend ist dagegen, daß die Uni Klagenfurt zwei Doktorgrade aberkannt hat, weil die Dissertationen aus dem Internet abgeschrieben waren. Hängt vermutlich damit zusammen, daß die noch keine Professoren waren, für die gilt nämlich akademische Universalimmunität.
- Ernsthaft zuviel kriege ich, wenn ich das Interview mit Ulrike Beisiegel im Der Standard lese, der Ombudsfrau der DFG. Die ist für mich ein rotes Tuch. Die tun immer so, als wären sie gegen Fehlverhalten, dabei betrügen sie damit nur die Politik und die Öffentlichkeit, und machen in Wirklichkeit gar nichts und hören nicht einmal damit auf, Schwindler noch weiter zu fördern und als Gutachter einzusetzen.
Und wie immer wird das alles auf die unteren „Mannschafts- und Unteroffiziersdienstgrade”, die Studenten (und meist noch auf den Mittelbau) geschoben. Zitat:
Dazu muss man aber auch sagen, dass man als Studierender im Studium keine gute wissenschaftliche Praxis lernt. In der Schule lernt man eher “Plagiieren ist gut”, weil wenn man dort einen Text aus dem Netz abgibt, bekommt man meistens eine sehr gute Note. Im Studium ist die Einstellung dazu eher neutral. Plagiieren ist für die meisten Studierenden nicht etwas explizit Verbotenes. Bei Qualifizierungsarbeiten können wir eine große Naivität der Studierenden feststellen. Wenn wir es ihnen nicht beigebracht haben, können wir sie auch nicht dafür sanktionieren.
Das halte ich für, pardon, Dünnschiß. Denn Studenten drohen, wenn sie erwischt werden, drakonische Strafen bis hin zur Exmatrikulation oder exorbitaten Bußgeldern. Die, denen wir wirkliche Straflosigkeit zusichern, und die auch von der DFG nichts zu befürchten haben, und bei denen Plagiate nicht auf Naivität oder Zeitnot, sondern auf kriminelles Handeln zurückgehen, sind die Professoren. Da stellt sie das aber als Randerscheinung hin. Und dann das:
derStandard.at: Wie wird wissenschaftliches Fehlverhalten sanktioniert?
Beisiegel: Das hängt von der Art des Verstoßes ab, es gibt gegebenenfalls keine Drittmittel mehr, es werden Leistungspunkte abgezogen. Das kann hin bis zur Kündigung gehen.
Glatt gelogen. Ich habe die DFG schon mehrfach auf Fehlverhalten und Mißstände hingewiesen, wie fehlende oder dysfunktionale Untersuchungskommissionen. Die reagieren nicht einmal. Und Beth haben sie damals weiter als Gutachter eingesetzt. Ich kenne jede Menge Fälle von wissenschaftlichem Fehlverhalten, und in keinem einzigen hat das zu irgendwelchen Nachteilen oder Beeinträchtigungen geführt. DFG und Ombudsfrau Beisiegel täuschen die Öffentlichkeit ganz bewußt, wenn sie vormachen, daß Fehlverhalten bei Professoren verfolgt würde.