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DFG und Professoren: “Momentan nicht erwünscht”

Hadmut Danisch
29.3.2014 13:48

In der ZEIT ist ein höchst lesenswerter kritischer Gastbeitrag von Jürgen Overhoff zur Berufungspraxis deutscher Universitäten erschienen.

Es geht darum, wie sich die deutschen Universitätsprofessoren gegen alles andersartige abschotten.

Zitat aus einem DFG-Gutachten:

Die deutschen Gelehrten, die hier anonym als Gutachter fungierten, sprachen offen aus, was sie dachten. Mein “wissenschaftlicher Werdegang” mit sehr guten Abschlüssen an den britischen Eliteuniversitäten in London und Cambridge entspreche zwar “durchaus den Exzellenzkriterien”, die einen Professor kennzeichnen sollten. Auch meine angekündigten Projekte seien allesamt “höchst interessant” und “förderungswürdig”, dazu auch “kompetent und überzeugend” dargelegt. Doch seien meine in den geisteswissenschaftlichen Traditionen der USA und Großbritanniens angesiedelten Forschungsmethoden in Deutschland “momentan nicht erwünscht”. Das mindere meine “Berufungschancen” nun “ganz erheblich”. Deshalb wolle man mich auch nicht fördern. […]

Dafür gibt es eine Erklärung, und auch diese wurde mir von meinen DFG-Gutachtern in aller Deutlichkeit mitgeteilt: Man müsse den Standards und Erwartungen der “zünftigen” Wissenschaft in Deutschland entsprechen, sonst sei man aus dem Rennen. Tatsächlich wird ein geisteswissenschaftliches Fach, das man im Englischen auch als profession bezeichnet, in Deutschland von seinen wichtigsten Vertretern noch immer mit Vorliebe als “Zunft” verstanden. Zunftmeister aber gewähren niemandem Zutritt zu ihrem Kreis, wenn er sich nicht zuvor bei ihnen und nach ihren Regeln angedient hat. Das gilt nicht nur für Bewerber aus dem Ausland, sondern auch für Außenseiter oder Querdenker im Inland, die neue Forschungsansätze abseits des Mainstreams erproben wollen.

Explizit rechtswidrig. Ich sag’s ja immer, die DFG muss eigentlich sofort abgeschafft werden. Das ist kriminell.

Und weiter die Kritik am deutschen System:

In England und in Amerika ist das starre, hierarchische und wettbewerbsfeindliche Denken, für das eine ausgewiesene Zunftpolitik steht, in der akademischen Welt hingegen verpönt. Denn Freiheit, Selbstständigkeit, Neugierde, Wagemut, Witz, Schlagfertigkeit und Originalität – Tugenden, von denen die Wissenschaft doch lebt – gedeihen vor allem in einem liberalen und streitfreudigen Kontext. […]

In Deutschland ist die Mentalität der selbstbewussten Offenheit für herausfordernde oder abweichende Meinungen nicht in gleicher Weise verbreitet. Ein amerikanischer Kollege, der sich in unserem Universitätssystem sehr gut auskennt, teilte mir folgende Beobachtung mit: “In America you want to be in the best department – whereas in Germany you want to be the best in your department.” Mit anderen Worten: Es sei in den USA erstrebenswert, im Institut mit den renommiertesten Mitarbeitern zu arbeiten, um sich – an ihnen reibend und durch sie inspiriert – auch selbst möglichst gut fortentwickeln zu können. Es sei doch langweilig und kläglich, etwaige Nebenbuhler nicht als Mitarbeiter zuzulassen, nur um selbst der unangefochtene Platzhirsch zu bleiben.

Tja.

Deutsche Universitäten betreiben eben keine Forschung, sondern Konkurrenzverhinderung. Ist ja bekannt.

2 Kommentare (RSS-Feed)

hirni
31.3.2014 10:15
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Kein Widerspruch – klar ist die Uni-Landschaft in DE voller Korruption, Inzucht, Aubeutung und Arschkriecherei.
ABER – in den USA ist dies auch nicht so viel anders.
Die US Analoge zur DFG sind die NIH und NSF (vielleicht gibt es noch paar Geld-Giesskannen mehr, die mir jetzt nicht einfallen)
So gut wie ALLE Unis dort sind auf das Wohlwollen der NIH/NSF angewiesen. Und entpsrechend verhalten sich da auch alle.
“Reinkommen” in diesen Geld-Verteil-Zirkus kommt nur eine kleine Elite, die werden dann Professoren – und ohne Geld – kein Professor.


anonym
6.4.2014 5:45
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@hirni full ack

In den USA läuft es auch nicht besser. Während man in Deutschland die Zünfte hat, gibt es in den USA einen Kampf bis auf Blut um die knappen Resourcen.
Jede Stelle wird 3x mit Assistenzprofessoren überbesetzt, von denen dann zwei rausfliegen, der Dritte darf sich dann gegen die besten Bewerber aus dem Rest der Welt durchsetzen.

Die USA haben das bewährte Prinzip ‘100 Doktoranden pro Professur’ auf den Schritt vom Assistenzprofessor zum richtigen Professor ausgeweitet.

Um die “besten” Wissenschaftler zu gewinnen, versprechen die Unis Großes, dass sich dann allerdings nie materialisiert.
Ohne die Connections zu NIH, NSF und DARPA geht der Jungforscher zugrunde.

Das hat zur Folge, dass sich eine ganz neue Generation von “Wissen”schaftlern gebildet hat, richtig gute Selbstdarsteller, fast schon Schauspieler oder Politiker.

Die Universitäten suchen dann die aus, die das Lied von der Exzellenz am öffentlichkeitswirksamsten singen. Und das nur, damit die Uni selbst so tun kann, als ob die das beste Department hat, damit sie noch mehr gute Selbstdarsteller anwerben kann.

Wie der Ingenieur sofort erkennt ist das eine positive Rückkopplungsschleife der Pseudoexzellenz, die zu Singularitäten der Selbstdarstellung führt. Das sind dann so Orte wie Stanford, Harvard oder Yale.

Übrigens muss man in den USA überall selbstverherrlichende Essays einreichen, um überhaupt als Student aufgenommen zu werden.
Ja, Essays. Auch für Naturwissenschaften.

Typischer Inhalt:

“Mit zehn Jahren Hamster an Hirntumor gestorben/Entschieden Forscherin zu werden, um Krebs, Alzheimer UND AIDS auszurotten/Trotz überwiegender Ablehnung des bösen allmächtigen Patriachats Traum nicht aufgegeben/Wenn ich den Studienplatz bekomme, dann werde ich eine supererfolgreiche Wissenschaftlerin, und alle Probleme der Menschheit lösen/Und mich von niemandem abhalten lassen, auch nicht von Männern”

Damit wird schonmal sichergestellt, dass überhaupt nur Selbstdarsteller zugelassen werden.

Wenn man nicht in dem System drinsteckt und nur den geschauspielerten Diskurs sieht, dann glaubt man wirklich, dass in den USA anders als in Deutschland läuft.

Das tut es an der Oberfläche auch, um aber an die Fördertöpfe zu kommen läuft genau der gleiche Klüngel.

Von daher habe ich nicht viel Mitleid, wenn ein Self Promoter der Amerikanischen Schule in Deutschland keinen Erfolg hat.

Mir bluten die Finger, wenn ich das schreibe, aber ich trauere dem alten Deutschen korrupten System nach. Damals hatten die Leute im System noch eine gerade Laufbahn, und hin und wieder war auch jemand gutes dabei.

Der konnte dann seine Zeit nutzen, sich um die Studenten zu kümmern, zu forschen und Bücher zu schreiben.

Heute gibt es nur noch Selbstdarsteller. Selbst wenn die gut sind, müssen sie ihre gesamte Energie in die Außendarstellung und den Gelderwerb stecken.