Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Recycling als Dissertation

Hadmut Danisch
20.1.2013 20:06

Da heißt es doch immer, wir sollen weniger wegwerfen. Dinge wiederverwenden. Nicht ständig alles neu machen.

Der Staatssekretär Marc Jan Eumann (SPD) soll das zu sehr beherzigt und seine Magisterarbeit einfach als Dissertation für die Promotion wiederverwendet haben, wie die Frankfurter Rundschau berichtet.

Sie diskutieren nun die Frage, ob man ein und dieselbe Prüfungsleistung bei mehreren Prüfungen vorlegen darf. Rein prüfungsrechtlich spricht da nicht so wirklich was dagegen, denn es geht ja nicht um Vortanzen, sondern um den Nachweis einer Befähigung, und dieser Nachweis „verbraucht” sich ja nicht. Allerdings ist es so, dass nach den üblichen Prüfungsordnungen die Prüfungsleistung innerhalb eines Prüfungsverfahrens erbracht werden muss. Man kann ja auch in anderen Prüfungen nicht ausgefüllte Blätter von zuhause mitbringen. Die Anerkennung von promotionswürdigen Leistungen, die außerhalb eines Promotionsverfahrens erbracht wurden, wurden ursprünglich eigentlich mit dem Dr. h.c. gewürdigt. Da der aber inzwischen zum Verkaufsobjekt verkommen ist, wissen die Professoren schon gar nicht mehr, wofür der eigentlich gedacht ist.

Der Haken ist aber der: Die Magister- und die Promotionsprüfung sind gänzlich unterschiedliche Prüfungen, in der ganz andere Fähigkeiten und Leistungen abgeprüft werden. Selbst wenn man die Arbeiten rechtlich gesehen wiederverwenden dürfte, so wird eine nur als Magisterarbeit entworfene Magisterarbeit nicht zum Bestehen der Promotionsprüfung taugen.

Nur denkt an den Universitäten niemand so weit. Die meisten Professoren – einschließlich der „Staatsrechtler”, von denen ich bekanntlich nicht viel halte – wissen nicht, was eine Prüfung und was eine Promotion ist. Und dann sind viele Fächer eben von vornherein nicht promotionstauglich, weil es in der Promotion um wissenschaftliches Arbeiten geht, und das gibt es in vielen Fächern erst gar nicht.

2 Kommentare (RSS-Feed)

Herrmann
21.1.2013 11:26
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Die Promotionsleistung muss ja einen wissenschaftlichen Fortschritt nachweisen, und sogar in einem selbstgesteckten* Feld. Das leistet eine aufgearbeitete Magisterarbeit doch gar nicht mehr, denn sie ist ja nicht mehr neu und wurde vom Prüfer zumeist selbst vergeben, um die Durchführbarkeit zu gewährleisten.

*) In der Praxis ist man natürlich nicht selbstständig, sondern der Doktorvater redet da kräftig mit rein.


quarc
21.1.2013 21:08
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Die FR ist etwas spät dran, hier gibt es noch mehr zum Thema, insbesondere noch ein kleines Detail:

| Der Fall ist politisch brisant. Der Doktorvater von Eumann, Horst Pöttker,
| beantragte wenige Monate nach der Verleihung der akademischen Würden an
| den Staatssekretär bei der Staatskanzlei NRW die Förderung einer
| journalistischen Initiative. Diese soll die wissenschaftlichen
| Vorarbeiten für das wichtigste Projekt von Medienstaatssekretär Eumann
| erledigen, die Gründung einer neuen Medienstiftung in NRW. Pöttker
| erhielt dafür mehr als 210.000 Euro. (Anmerkung: Prof. Pöttker hat sich
| gerade schriftlich gemeldet. Er sagt, es ist ihm wichtig, dass nicht
| er persönlich das Geld erhielt, sondern sein Lehrstuhl. Von dem Geld
| wird das Projekt bezahlt. Sein Gehalt verändere sich durch die
| Fördermittel nicht.)

Wer schon etwas älter ist, erinnert sich vielleicht noch daran, wie Helmut Kohl seinerzeit betont hat, sich durch Parteispenden nicht persönlich bereichert zu haben.

So ist es hier auch. Es stimmt, was Pöttker sagt, aber wichtig ist, was er nicht sagt: dass in der ehemaligen Universität, an der er Professor ist, solche Projektgelder die Währung sind, mit denen man Einfluss und das geneigte Ohr der Hochschulleitung einkauft. Seit 2007 gibt es in NRW keine inneruniversitäre Mitbestimmung mehr, die Hochschulleitungen sind in Kommandozentralen umgewandelt worden, die gegen den Willen der Universität eingesetzt werden können und von sogenannten Hochschulräten kaum kontrolliert werden. So ähnlich wie bein ZDF. Anstelle der vormaligen Mitbestimmungsstrukturen bildet sich dann eine Art Hofstaat, in der die Günstlinge darum ringen, das geneigte Ohr der Herrscher zu erringen. Wenn man Pech hat, sind einer solchen Hochschulleitung Forschung und Lehre egal, nur Preise und eingeworbene Forschungsgelder zählen. Nur wer so etwas ranschafft, findet überhaupt Gehör.

Dementsprechend sieht das Personal aus: an der Institution von Pöttker konnte man seinerzeit eine richtige Kanzlerin nicht gewinnen (die hatte wohl gemerkt wo sie da landen würde), und man hat als Notlösung einen abgehalfterten Manager eines Baukonzerns zum Kanzler gemacht, dessen Universitätserfahrung sich in einem offensichtklich folgenlosen 2-jährigen Wirken als wissenschaftlicher Mitarbeiter erschöpft. Also Hadmut, falls Du noch einen sicheren Job suchst — Uni-Kanzler kannst Du auch, und statt Volleyball kannst Du halt Karate. Du musst nur die richtige Rektorin kennen.