Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Hochschulverband fordert Strafen gegen Ghostwriter

Hadmut Danisch
7.8.2012 21:08

Guck mal an: Der Professorenverband fordert Strafen gegen Ghostwriter.

Bemerkenswerterweise scheinen sie das nur auf externe Promotionsberater zu beziehen, weil da die Professoren die Gelackmeierten sind und sich blamieren.

Auf Professoren, die sich ihre eigenen Werke von ihren Mitarbeitern schreiben lassen, scheinen sie das nicht zu beziehen. Wieder die übliche Masche der Professoren: Schwindel ist nur verwerflich, wenn Doktoranden ihn begehen. Schwindel von Professoren selbst soll legal bleiben.

Drollig ist auch, dass sie Plagiate dabei nicht unter Strafe stellen wollen, das „müsse auch in Zukunft die Scientific Community leisten” – als ob sie das je getan hätte. Da ist eben das Problem, dass man das nicht auf Doktoranden begrenzen kann, da wären auch plagiierende Professoren mit dran. Und das will man freilich gar nicht.

Und der Eindruck bestätigt sich, wenn man in die Pressemitteilung des Hochschulverbandes sieht: Da ist nur von „Qualifikationsarbeiten” die Rede. Ist man erst einmal Professor, fiele man nicht mehr darunter und kann sich hübsch weiter seine Bücher vom Ghostwriter schreiben lassen.

Bemerkenswert dabei:

Laut einer dpa-Meldung gehen Experten davon aus, dass sogar etwa jede dritte Doktorarbeit in den Fachbereichen Jura und Wirtschaftswissenschaften von Ghostwritern stammen soll.

Was mich verblüfft. Denn Ghostwriter schreiben normalerweise ziemlich gut. Da aber mehr als zwei Drittel der Arbeiten in Jura und Wirtschaftswissenschaften ziemlich lausig sind, können die eigentlich nicht von Ghostwritern stammen – oder deren Qualität ist eingebrochen.

Sie sagen, sie wollten der Entwertung akademischer Grade einen Riegel vorschieben. Dann sollten sie halt mal konkrete Maßstäbe und Anforderungen einführen.

3 Kommentare (RSS-Feed)

Anonym
10.8.2012 12:44
Kommentarlink

Ich mag diese Webseite sehr, bezweifele aber, dass Du einschätzen kannst, welche Qualität “mehr als 2/3″ der juristischen und WiWi-Dissertationen haben 😉

Akademisches Ghostwriting findet in der Hauptsache an der Uni selbst statt (Assistenten etc.). Dafür bräuchte man disziplinarische Maßnahmen (Gehaltskürzungen, Lehrstuhlverlust…), das wäre dringlicher. Trotzdem finde ich einen tatbestand des Wissenschafts”betrugs” (vllt besser “Graderschleichung”) nicht übel. Verkehrssschutz und so.


Hadmut Danisch
10.8.2012 12:59
Kommentarlink

> bezweifele aber, dass Du einschätzen kannst, welche Qualität “mehr als 2/3″ der juristischen und WiWi-Dissertationen haben

Naja, weißt Du, ich beschäftige mich ja auch nicht erst seit letzter Woche mit dem Thema, und hatte inwischen auch schon ziemlich viele Gespräche mit Jura-Professoren und promovierten Juristen. Und die Ansichten, die viele Jura-Professoren geäussert haben und das, was mir Juristen über ihre Promotionsverfahren erzählten, das war schon ziemlich haarsträubend. Viele Dissertationen bei den Juristen bestehen aus kaum mehr, als sich irgendwo irgendwelche Aussagen aus Literatur und Rechtsprechung zusammenzuklauben und das Papier zu füllen. Eigentlich nicht mehr als eine Literaturrecherche. Wissenschaftliche Methodik oder Aussagen sind da kaum zu finden.

Und bei den Wirtschaftswissenschaftlern mehren sich die Stimmen sogar der Wirtschaftswissenschaftler selbst, die sagen, dass das ganze Fach keine Wissenschaft (mehr) ist, sondern da nur einige Größen des Faches ihre frei erfundenen Theorien propagieren, die mit der Realität überhaupt nichts mehr zu tun haben. Die stehen als komplettes Fach schwer in Zweifel.

Der Straftatbestand des Wissenschaftsbetrugs wäre sicherlich sinnvoll. Aber es darf nicht wieder darauf hinauslaufen, dass alle glauben, dass der Schwindel immer vom Doktoranden ausgeht und die ach so heiligen Professoren immer nur die fies Getäuschten sind. Der Fisch stinkt vom Kopfe her.


Thomas
25.8.2012 15:24
Kommentarlink

„Nicht weiterführend“
So lautet das Urteil des Bundesbildungsministeriums über diesen Vorschlag. Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen, denn der Hochschulverband bleibt jegliche Antwort auf die Frage schuldig, was eigentlich mit diesem Vorschlag erreicht werden soll. Hochschulen können heute schon eine eidesstattliche Versicherung des Kandidaten verlangen, die Prüfungsarbeit selbst verfasst zu haben. In diesem Fall drohen dem Kandidaten neben den ohnehin eintretenden rechtlichen Folgen auch bei geltender Rechtslage strafrechtliche Konsequenzen. Eine kompakte Darstellung der gegenwärtigen rechtlichen Situation finden Sie unter http://www.acad-write.com/uploads/media/Ist_Ghostwriting_legal.pdf . Auch der Wissenschaftsrat, der die Bundesregierung zu allen Forschungsthemen berät, kann dem Vorschlag des Hochschulverbandes wenig Positives abgewinnen.

Missbrauch des Strafrechts

Das Strafgesetzbuch dient nicht dazu, eine allgemeine Missbilligung auszudrücken. Änderungen sollten nur vorgenommen werden, wenn wenigstens eine Aussicht besteht, dass sie in Gerichtsverfahren relevant werden könnten. Der Vorschlag des Hochschulverbandes scheitert schon an dieser ersten Hürde, jede weitere Prüfung erübrigt sich daher. Für die Kunden stellt der Vorschlag keine Verschärfung der Rechtslage gegenüber einer strafrechtlichen Verfolgung aufgrund einer falschen eidesstattlichen Versicherung dar. Die Idee, auch die Ghostwriter strafrechtlich belangen zu wollen, ist in der Praxis undurchführbar. Der Hochschulverband macht es sich leicht und ignoriert, dass die Verträge der Ghostwriter bei Acad Write – und unseres Wissens auch bei allen Mitbewerbern – ausdrücklich ausschließen, die Arbeit als Prüfungsarbeit einzureichen. Den Beweis, dass diese Klausel nicht ernst gemeint sei, bleibt er allerdings schuldig. Weil der kaum zu führen wäre, enthält der vorgeschlagene neue Paragraph auch nicht die Einschränkung, dass der Ghostwriter wissentlich eine Prüfungsarbeit verfasst haben muss. Stattdessen gilt das Prinzip „Ghostwriter haften für ihre Kunden“. So gesehen ist der Kommentar „nicht weiterführend“ des Ministeriums noch sehr wohlwollend ausgefallen.