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Lästern über Professoren und Soziologen

Hadmut Danisch
21.5.2010 13:47

Hehehe, da sieht einer die Uni und die Soziologen so ähnlich wie ich. 🙂

Siehe Interview mit Wolf Schneider im SPIEGEL.

Zitate:

Schneider: Professoren verlangen ein elitäres und verschrobenes Deutsch. Daher empfehle ich Studenten: Macht es genau so, wie euer Professor es haben will, behaltet bitte alle sprachlichen Marotten bei, die euer Fach verlangt. Wenn ihr aber mehr als nur einen einzigen Leser haben wollt, dann folgt meinen Ratschlägen.

UniSPIEGEL: Welchen denn?

Schneider: Wenn du gelesen werden willst, dann musst du dich plagen. Sonst teilt dein Text das Schicksal des allermeisten Geschriebenen: nicht gelesen zu werden.

Oder das da:

UniSPIEGEL: Kommen Sie, sagen Sie etwas Nettes – irgendetwas muss doch gut gewesen sein an der Universität.

Schneider: Nein, gar nichts. Germanistik zu studieren halte ich für besonders töricht. Thomas Mann lässt sich auch abends zu Hause lesen, ebenso, was andere über ihn geschrieben haben. Es ist völlig verrückt, dafür noch an der Universität Jahre seines Lebens zu verplempern. Germanistik gehört zusammen mit Soziologie, Psychologie und Kommunikationswissenschaften zu den Fächern, von denen ich dringend abrate – denen, die Journalisten werden wollen.

UniSPIEGEL: Was haben Sie gegen diese Fächer?

Schneider: Wenn man einem Geologen seine Sprache wegnehmen würde – “das mesozoische Verrucano hat die geosynklinale Phase eingeleitet” -, dann blieben ihm immerhin die Steine. Aber was bleibt dem Soziologen? Nichts. Er lebt von seinem Sprachgebilde und vom Getümmel in demselben. Ich säge an den Wurzeln seiner Existenz, wenn ich ihn auffordere, klares Deutsch zu sprechen. Er ist beleidigt, wenn er von Hinz und Kunz verstanden werden kann.

Herrlich. Einfach herrlich. Trifft genau meine Ansicht. Einige Disziplinen an der Universität sind keine Wissenschaften, sondern nur Selbstzweck und leben nur vom Reden und Nicht-Verstanden-Werden. Nicht Wissenschaft ist Gegenstand der Soziologie, sondern das kunstvolle Auftürmen unfasslicher Sprachgebilde. (Vgl. meine Rezensionen soziologischer Dissertationen) Die Universitäten, die Professoren, die Wissenschaftler haben sich so daran gewöhnt, abgehoben zu sein, daß sie mittlerweile die Abgehobenheit selbst für Wissenschaft halten. (Sowas gibt’s aber auch in der Informatik.)

Und dann noch das:

UniSPIEGEL: Was halten Sie von Blogs?

Schneider: Da muss man unterscheiden. Viele Blogger wollen offenbar nicht gelesen werden. Sie schreiben aus einem narzisstischen Antrieb heraus, sind fasziniert davon, dass sie sich einfach nur einstöpseln müssen, ihrem Mitteilungsdrang ungebremst nachgeben dürfen und damit auf einem Weltmarkt vertreten sind, den man früher mit einem Brief nie hätte erreichen können. Leider endet das meist in unendlicher Geschwätzigkeit.

*Seufz*

6 Kommentare (RSS-Feed)

Steffen
21.5.2010 15:16
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Ich bin ja Physiker von Haus aus, und ähnliches habe ich mir schon mehrmals über die theoretische Physik gedacht. Da scheint der Daseinszweck vieler Theoretiker im kunstvollen Auftürmen unfassbarer Mathematikgebilde zu bestehen, die mit der Realität überhaupt nichts mehr zu tun haben. Ebenfalls reiner Selbstzweck.

Siehe z.B. die Bogdanov Affair (http://en.wikipedia.org/wiki/Bogdanov_Affair). Zitat eines Profs zu der fragwürdigen Doktorarbeit: “All these were ideas that could possibly make sense. It showed some originality and some familiarity with the jargon. That’s all I ask.” Also im Klartext: Es sieht aus wie theoretische Physik, es hört sich an wie theoretische Physik, also muß es theoretische Physik sein.

Ich erinnere mich noch an die erste Diplomfeier, die an der Physik Karlsruhe gegen Mitte der 90er veranstaltet wurde. Solche Feiern zum Abschluß des Studiums finde ich prinzipiell ja eine gute Sache. Es gab nur einen kleinen Zwischenfall: Der Dekan (ja, ein Theoretiker) dachte sich, daß er was ganz besonderes präsentiert, und hat seinen ersten Doktoranden zum Festvortrag eingeladen. Der Mensch fängt an, einen verqueren Theoriewust zu erzählen, daß einem nur noch die Ohren geschlackert haben. Mehr als eine Stunde lang. Ohne jegliche Rücksicht auf das Publikum zu nehmen (wo u.a. mit die Eltern saßen) Irgendwann ist … Unruhe im Publikum aufgekommen, euphemistisch formuliert…


Antjey
21.5.2010 22:22
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ach ja, soziologen, wie witzig. ich warte auf das ereigniss, das die pädagogen mal ins licht rücken wird…

aber zur soziologie:
zur eröffnungsvorlesung diesen dinges hier:
http://www.socum.uni-mainz.de/

war diese frau da und zwar als hauptrednerin inkl. irgend einer representativen bzw. administrativen funktion (ist ja heute fast dasselbe): Prof. Dr. Karin Knorr Cetina

und ich will gerade einmal mehr oder weniger wörtlich, aber sinngemäß zitieren von dem, was die frau cetina (starsoziologin) da verkündet hat.
“mit der gründung dieses instituts [dem socum] beziehen wir uns auf Jaqcues Lacan und dessen Mängel-Wesen-Hypothese.” dann ewig geshwall und bilder von soldaten und was man nicht alles lustiges an soldaten anbringen kann, zb teaser, granaten usw.
und dann ein wenig später in einem Nebensatz:
“ich habe aber gar keine Ahnung, wovon der Lacan spricht. Ich weiß nicht, was er mit dem ‘großen Anderen’ oder mit dem ‘objet petit a’ meint.”
ich erkläre kurz: das mit dem ‘großen anderen’ und dem ‘objet petit a’ bei lacan nicht verstanden zu haben ist in etwa so, wie sich auf einstein zu beziehen und nicht zu wissen, was raum ist und wie sich licht darin verhält.

als diese frau, die auch schon in harvard, yale und oxford referiert hat, das sagte, saß ich rechts vom leiter des soziologischen instituts in mainz (stefan hirschhauer) und links vom präsidenten der uni mainz (georg krausch, der die einleitung der eröffnung mit einem vortrag über das CERN begann und wie toll er es da fand usw.). der herr präsident ist zweimal halb weg genickt (wenn man beim fallen seines kopfes merkt, dass er gerade fällt und schreckhaft aufwacht…) während der hirschhauer vor freude fast explodiert wäre.
selber hirschhauer meinte (ebenfalls in einem nebensatz) zwischendurch, dass die soziologie “ja wirklich gerade in einer krise steckt”. aber das fanden alle nicht weniger witzig, als die frau, die nicht wusste, von was sie sprach.
man leitete die notwendigkeit und sinnhaftigkeit des SOCUM übrigens aus folgendem theorem ab: weil immer mehr menschen sowas wie facebook und studivz usw. benutzen, also weil immer mehr menschen soziale netzwerke benutzen im raum des internets und darum dem sozialen raum (“realität”) letztlich kühler gegenüber stünden (das war einfach die abgeleitete behauptung), deswegen braucht es jetzt das socum; welches übrigens mit einer exzellenzbombe von 100000 euro finanziert wurde.

nach dieser veranstaltung hätte ich dem krausch gerne eine mail geschrieben, dass ich, mit ausnahme dieser riesigen freitragenden halle in mecklenburg-vorpommern noch nie gesehen habe, wie man viel geld noch besser in den sand hätte setzen könne.

allerdings: so verschaffen sich die leicht verzweifelten anhänger dieser forschungsrichtung neuen arbeitsstoff: sie behaupten einfach, sie wären schon wieder unabkömmlich und schon fließt geld. sie schwingen sich einfach mal auf zum richter über realität und fiktion, verurteilen jeweils zu ihren gunsten und spielen einfach weiter ihr komisches spiel.


Rhydel
21.5.2010 22:41
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Wobei das Problem bei dem Einsteinvergleich doch ist, dass niemand wirklich genau weiß, was Raum eigentlich ist 🙂

Folgender Spruch lässt sich vielleicht an das Thema anpassen:
“In der Wissenschaft geht es darum, etwas, das noch niemand weiß, so auszudrücken, dass es jeder versteht. Bei der Lyrik ist es genau umgekehrt”


Roman
23.5.2010 3:19
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Ich bin nicht Soziologe, Psychologe oder Paedagoge. Sondern Informatiker.

Aber ich bin nicht der hier vertretenen Meinung: In all diesen Faechern wird Wissenschaft betrieben, sauber, empirisch, theoretisch, nachvollziehbar, ueberpruefbar.

So pauschal darueber zu urteilen ist nicht richtig.

Geisteswissenschaften, aber auch Psychologie (die den Naturwissenschaften zugerechnet wird), haben in Deutschland ein Image-Problem. Aber nicht zu Recht.


Hadmut Danisch
23.5.2010 9:10
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„sauber, empirisch, nachvollziehbar, ueberpruefbar” ???

Träumst Du?

Lies mal meine Artikel über die Dissertationen von Heike Stach und Kristina Köhler/Schröder und dann sag mir, was daran sauber, empirisch, nachvollziehbar oder überprüfbar sein soll. Der bisher von der Uni Mainz zur Köhler/Schröder-Diss vertretene Standpunkt ist, daß sie in Soziologie keine Ansprüche haben.


Antjey
23.5.2010 13:19
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@ roman: allein schon, dass Psychologie bald “Geisteswissenschaft”, bald “Naturwissenschaft” ist, sollte einen mal die Tomaten von den Augen fallen lassen.

Wer überhaupt hat den letztens schon wieder festgelegt, dass die Psychologie eine Naturwissenschaft ist? Welchen in der Natur materiell vorhandenen Gegenstand, der nachgewiesen worden wäre, behandelt denn die Psychologie? “Psyche”? “Verhalten”? Neuronen? Alles keine Gegenstände der Naturwissenschaft bzw. nicht direkt ableitbar (die Neuronen sind nicht die Psyche, sondern Organbestandteile wie Magen oder After: ein nur aus Neuronen bestehndes Wesen wird schlechterdings keine Psyche haben, also sind die Neuronen nicht das a priori von Psyche, folglich sind Aussagen über die Psyche mittels der Neurologie philosophische Reflexionen aufgrund eines Wissens, dass nicht nur naturwissenschaftlich ist, wie zb. ein Wissen über Sprache oder Affekte, d.h. geisteswissenschaftliches Wissen; dass diese Wissen hemmungslos vermischt werden ist allerdings wahr). Nur weil diese Wissenschaft meint, der Mensch sei so oder so berechenbar, heißt das nicht, dass das stimmt, selbst wenn ihre Gleichungen und Formeln das anzeigen mögen. Ich gehe jede Wette ein (weil ich es bereits weiß), dass die meisten der von diesen Wissenschaften verwendeten Gleichungen und Reasonings dem strengen Blick eines echten Mathematikers nicht standhalten würden. Alleinschon deshalb, weil es fraglich ist, inwieweit die Psyche 1. ein evidenter Gegenstand sein kann und 2. dieser Gegenstand in Zahlensystem übersetzbar sein kann. Man beachte bei dieser Sache auch Schrödingers Katzen, was diese Wissenschaften übrigens eher selten tun (sie berufen sich größtenteils auf konstruktivistische Ansätze, was eben gerade einer Zeit vor Schrödingers Katzen entspricht).

Und vielleicht ist es ja aufgrund des jungen Alters der IT-Wissenschaften notwendig, mal auf folgendes zu verweisen: will man irgendwas über Sozialwissenschaften aussagen, muss man sich nicht nur ihre Gegenwart, sondern vor allem mal ihre Geschichte anschauen. Als das beispielsweise das letzte Mal ernsthaft getan wurde (60iger-80iger des 20. Jahrhunderts), wurde daraus die “Anti-Psychiatrie”, die “Anti-Pädagogik” und wer weiß wie viele “Anti-Disziplinen” noch. Sollte nun aber jemand dasselbe mit der Biologie machen (ist auch schon vorgekommen), so lässt sich feststellen: es gab noch nie eine Anti-Biologie. Warum ist das so? Weil die Sozialwissenschaften nicht gerade unbegründet enorme Probleme bezüglich der Akzeptanz und Wahrnehmung, aber auch bezüglich der Verarbeitungsfähigkeit ihrer eigenen Geschichte haben.
Wenn man die Psychologie epistemologisch betrachtet, kann man sehen, dass sie sich im Verlauf ihrer Geschichte als konkreter Wissenschaft den Gegenstand, den sie behandeln soll, immer wieder neu erfinden musste und das auch getan hat, u.a. mittels der ebenfalls sich ändernden Daten bezüglich des Gegenstands, den sich die Soziologie gewählt hat und anhand der sich ebenfalls verändernden Verhaltensanomalien, welche teils die Pädagogik, teils die Psychiatrien “erhoben und beobachtet” haben (HIERBEI ist es extrem wichtig, die Orte zu beachten, an denen diese Erkenntnisse, produziert werden!)
Es zeugt von krasser Unkenntnis oder viel zu intensiver Gutglaübigkeit, wenn man meint, die Sozialwissenschaften wären das, wofür sie sich ausgeben. Darüber hinaus gibt es keine Evidenz dafür, dass die Privatisierung der Universitäten keine Wirkung auf deren Forschungsethik gehabt hätte. Im Gegenteil gibt es nicht wenig Evidenz dafür, dass sich innerhalb der letzten 30 Jahre hier enorm viel verändert hat, jedoch die Wahrnehmung dieser Veränderungen in der Tat zum großen Teil noch aussteht.