Das Geschwätz von der Wissenschaftsfreiheit…
…scheint kein spezifisch deutsches Problem zu sein.
Oh, wie oft habe ich an und aus den Universitäten dieses unglaublich blöde Geschwätz von der Freiheit von Forschung und Lehre gehört, was als universelle Redewendung für und gegen alles herhalten muß, wie ein magisches Amulett gegen alles unerwünschte. Als würde es dem Professor alles erlauben und ihn jeglicher Pflichten und Strafandrohungen entheben. Als wäre die Universität der rechtsfreie Raum schlechthin.
Das ist vor allem deshalb absurd, weil alle die, die sich darauf berufen, einen Eid auf die Verfassung abgelegt haben, ohne sich jemals durchgelesen zu haben, worum es da geht. Je mehr einer von der Forschungsfreiheit lamentiert, desto weniger weiß er in der Regel, was es damit auf sich hat, und desto mehr mißbraucht er sie.
Vielen Professoren ist beispielsweise nicht bewußt, daß sich die Freiheit von Forschung und Lehre nicht auf alles, sondern nur auf – Na? Überraschung! – Forschung und Lehre bezieht, aber nicht für den Prüfer in Prüfungen gilt. (Darum heißt sie ja auch so, aber das ist für manche schon zu schwierig.)
Die Forschungsfreiheit ist ein Grundrecht und bindet damit nach Art. 1 die drei Staatsgewalten und gibt dem Bürger als Grundrechtsträger gewisse Rechte gegenüber diesen Staatsgewalten. Manchmal sind Professoren diese Grundrechtsträger. In Prüfungen ist aber der Prüfling dieser Grundrechtsträger, während der Professor als Beamter und Prüfer nicht Grundrechtsträger, sondern Grundrechtsverpflichteter ist. Daß ein Professor bei irgendetwas keine Rechte und dafür Pflichten haben könnte, wird an deutschen Universitäten rundweg abgelehnt. Ist auch, wie ich in Gesprächen und Schriftverkehr oft festgestellt habe, nicht mit Begründung und nicht mit Dienstrecht mehr in Professorenköpfe reinzubekommen. Warum auch? Man hat jede Disziplinaraufsicht abgeschafft. Warum sollten sich Professoren noch auf Pflichten oder eingeschränkte Rechte einlassen? Es passiert ihnen ja nichts mehr, wenn sie gegen Recht verstoßen.
Ein Leser hat mir nun einen interessanten Link geschickt (Danke!), auf das Blog einer akademischen Zeitschrift, den Artikel The Academic Freedom Card. Offenbar haben die da in den USA ähnliche Probleme mit ihren Professoren, daß nämlich die Willkür groß, Disziplin und Verstand eher gering sind. Und man drückt das auch drastisch aus. Zitat:
Because of its imprecision and variability, “academic freedom” often morphs into the default defense of anyone in academe who is caught doing something that violates policy or even public safety.
Interessant ist dabei, daß auch dort (wie hier) die Wissenschaftsfreiheit sogar als Vorwand und Verteidigung ordinärer Kriminalität wie Betrug und Gaunereien herhalten muß. Da wird unter der Fahne der Wissenschaftsfreiheit Kriminalität betrieben. Schöner Satz, zitierwürdig:
Academic freedom is not, however, some sort of “get out of jail free” card that may be invoked at will. Indeed, it is diminished by professors who would misuse it against anything that would curb their own interests.
Was ein Gesindel da die Professorenschaft unterwandert hat…