Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Besser den Doktorgrad kaufen als zu promovieren

Hadmut Danisch
18.5.2010 23:26

Wie die deutsche Rechtslage Titelhandel und Wissenschaftsbetrug fördert.

Der SPIEGEL berichtet gerade, daß man einem dieser Titelhändler den Doktor entzogen hat. Soweit noch kein Zucken mit der Augenbraue wert. Interessant ist aber dann, daß sie Probleme haben, die gekauften faulen Doktorgrade wieder einzufangen. Dazu dieser Satz:

So versucht die Uni Hannover beinahe schon verzweifelt, einige Promovierte, die ihre Titel mit Hilfe des gefallenen “Promotionsberaters” D. erhalten hatte, loszuwerden.

Es ist ein interessanter Punkt. Die meisten Leser werden wissen, wie es mir ergangen ist. Promotion verwehrt, weil Schmiergeld nicht gezahlt. Die Rechtslage ist so krass, und das Hydra-artige Nachwachsen von Gefälligkeitsgutachten so enorm, daß man sich als Prüfling nicht dagegen wehren kann, wenn der Prüfer korrupt ist und den Prüfungserfolg verweigert, wenn er nicht bestochen wird. Dann hat der Prüfling keine Chance.

Ist es aber umgekehrt, daß der Prüfling sich den Doktorgrad einfach gekauft hat, dann hat die Universität in manchen Bundesländern Probleme, den Doktorgrad wieder zurückzuholen.

Das ist doch eine klare Aussage zum Korruptionsstandort Deutschland: Wer für die Promotion auf die normale Weise arbeitet, ist der Dumme. Wer ihn sich kauft, gewinnt.

Zumal die Abbruchquoten bei regulären Doktoranden relativ hoch sind, während meines Wissens wer zahlt auch seinen Doktor bekommt. Und der Preis für einen Doktor ist meist niedriger als die Arbeitszeit, die man auf normalem Wege reinsteckt. Es gibt so viele Leute mit gekauftem Doktor, und die Universitäten und Staatsanwaltschaften weigern sich, etwas zu unternehmen.

Dazu kommt, daß wenn man selbst etwas erarbeitet, in der Regel der Professor es als seine Leistung ausgibt, also raubt. Arbeitet man selbst aber nichts, sondern kauft, dann geht es umgekehrt, dann wird eine fremde Leistung als die des Doktoranden ausgegeben. Das ist doch eindeutig angenehmer, oder?

Deutschland ist Korruptionsland. Wir sind viel korrupter als wir wissenschaftlich sind. Der Doktor ist in Deutschland schon historisch ein käuflicher Grad (weshalb wir auch die Habil brauchen), und er ist es mehr denn je. Die Uni Mainz ist beispielsweise der Auffassung, daß das völlig normal ist, wenn sich ein betuchter Doktorand einfach einen Institutsmitarbeiter mietet, der für ihn die Arbeit schreibt.

Die Lehre daraus ist eindeutig. Nicht arbeiten. Kaufen.

5 Kommentare (RSS-Feed)

Rhydel
20.5.2010 12:09
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Ist das denn im Ausland (USA, England, Niederlande) besser für ehrliche Doktoranden?


Hadmut Danisch
20.5.2010 12:55
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In zweierlei Hinsicht meistens ja:

In vielen Ländern, vor allem angloamerikanischen, ist man nicht allgemein durchgefallen, wenn der Prüfer einen nicht durchlässt, sondern nur bei diesem Prüfer. Man kann dann woanders hingehen. Daß man so dauerhaft und allgemeingültig wie in Deutschland versiebt hat, gibt es in vielen Ländern nicht so, weshalb man weniger erpressbar ist.

Und der Doktor ist in kaum einem Land so wichtig wie in Deutschland/Österreich, und wird auch sonst nicht so wie hier im Namen, am Türschild getragen. Damit ist das Korruptionsgefälle nicht so hoch.


Rhydel
20.5.2010 17:46
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Hmm, sind noch mindestens 5 Jahre, bis ich mir die Frage stelle, ob ich das machen möchte. Vielleicht mache ich das dann wirklich im Ausland. Aber der Doktor wäre doch in Physik auch in anderen Ländern wichtig, oder kann man da mit einem M. Sc. mitforschen und auch hohe Positionen bekommen?


Hadmut Danisch
20.5.2010 17:58
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Hohe Positionen außerhalb des Wissenschaftsbereichs ja, da ist das nicht so wichtig wie in Deutschland. In der Forschung braucht man den aber unbedingt, nur daß er im Ausland oft einfacher zu haben ist. Viele amerikanische Dissertationen sind kaum der Rede wert. Siehe aber http://www.phdcomics.com/comics.php , auch an US-Unis geht es übel zu.

Ich halte es zwar für kriminell und werde es nicht empfehlen, die besten Karriereaussichten hat man aber immer noch, indem man frühzeitig die richtigen Leute schmiert und jemand anderen seine Diss schreiben läßt.


quarc
20.5.2010 20:05
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Das mit dem Kaufen ist ja nur für diejenigen eine echte Option,
die in erster Linie einen “TürschildDoktor” für die eigene Praxis
zu brauchen meinen (Mediziner, Juristen), ihn machen müssen weil
potentielle Arbeitgeber das (wider besserer Einsicht) für erforderlich
halten (Chemiker, Mediziner), oder um Nichtakademiker einzuschüchtern
und zu beeindrucken (scheint unter anderem bei Politikern vorzukommen).
Insgesamt betrifft dies also Leute, für die die Promotion nicht der
Auftakt einer wissenschaflichen Tätigkeit sein soll, sondern deren
Abschluss.

Wer dagegen weiter wissenschaftlich arbeiten will (und auch will, dass
die Arbeit _gelesen_ wird) wird auch weiterhin selbst an der Dissertation
arbeiten. Oberhalb eines gewissen Selbstbewusstseins gibt es dazu
sowieso keine Alternative mehr, weil man dann automatisch davon ausgeht,
dass man selbst es eh am allerbesten kann.

Im Ausland gibt es häufiger Regelungen, welche (z.B. durch Einsetzung
einer Kommission) die Abhängigkeit von einer einzelnen Person entschärfen.
Zudem wird oft verlangt, dass Resultate aus der Dissertation bereits
in Fachzeitschriften veröffentlicht sind, bevor die Dissertation angenommen
werden kann. Das kann zwar zu Verzögerungen führen, hat aber den Vorteil,
dass die betreffende Fakultät nicht einfach so “im eigenen Saft schmort”
und die wissenschaftliche Beurteilung nicht nur durch den “Doktorvater”
erfolgt.