Fetziger Plagiatsfall – die Spur führt zur Uni Potsdam
Wieder ein interessanter Hinweis eines Lesers (Danke!)
Weil man in Deutschland ja jede effektive Maßnahme gegen Plagiate und Wissenschaftsbetrug verhindert hat (demnächst dazu auch meine Buchkritik zu Volker Rieble, Das Wissenschaftsplagiat), hat da wohl ein geschädigter Professor der Uni Markburk zur Selbsthilfe gegriffen und den Plagiatsfall auf seiner Webseite angeprangert (Willkommen im Club!), nämlich unter http://www.mathematik.uni-marburg.de/~gumm/Plagiarism/index.htm
Interessant zu lesen. Da haben wohl – wenn das so stimmt – ein gewisser K. Denecke und S. Wismath unter dem Titel Universal Algebra and Coalgebra ein ganzes Buch nahezu 1:1 abgekupfert, ins Englische übersetzt und veröffentlicht. Ganz schön dreist.
Googlet man ein wenig oder sucht bei Amazon, dann findet man ein neues Buch, auf das diese Beschreibung paßt. Und damit die vollen Namen der (Au|Plagia)toren, nämlich Klaus Denecke und Shelly L. Wismath.
„Klaus” hört sich deutsch an. Und tatsächlich findet Google einen gewissen Professor Klaus Denecke aus dem Bereich Mathematik, auf dessen Homepage eben jenes Werk als Publikation aufgelistet ist. Bingo!
Der Kracher daran ist: Der sitzt an der Uni Potsdam. Und die Mail des Lesers mit diesem (auch ziemlich frischen) Hinweis erreicht mich genau zu einem Zeitpunkt, als ich sowieso was über die Uni Potsdam bloggen wollte (siehe nächsten Artikel). Wie sich das wieder alles so trifft…
Bin mal gespannt, wie die Uni Potsdam damit umgehen wird. Vermutlich nicht seriös, wenn ich so an die andere Sache denke (kommt gleich).
4 Kommentare (RSS-Feed)
Sorry, da sollte stehen: “vielleicht haben sich Denecke/Wismath einfach gedacht[…]
Jetzt auch in der ZEIT: http://www.zeit.de/studium/hochschule/2010-05/mathematik-plagiate?page=all
Interessant. Ich habe mir mal die Vergleichsseiten angeschaut.
Bis zu einem gewissen Grad ist natürlich die Darstellung der
Grundlagen (die auch in Gumms Text bereits nicht mehr neu waren, es
war ja auch Teil eines Lehrbuchs) oft “in natürlicher Weise vorgegeben”,
wie Denecke zu seiner Verteidigung bemerkt. Aber hier ist die Darstellung
doch zu deutlich an der ursprünglichen Darstellung von Gumm. Vielleicht
haben sich Denecke/Gumm einfach gedacht, “wenn die Darstellung sowieso
kanonisch ist, kann man auch gleich kopieren anstelle mühsam
umzuformulieren”. Aber wenn man so etwas macht, soll man das eben
auch mitschreiben, etwa als “wir folgen hier der Darstellung von X …”.
Passend dazu ein Absatz aus den Mathematical Reviews zu dem Buch
|[…]
| The history of the book’s topic is somewhat more extensive
| than is indicated by the authors’ choice of references.
| To my knowledge the first paper on the topic was
| [O. Wyler, in Proc. Conf. Categorical Algebra (La Jolla, Calif., 1965),
| 295–316, Springer, New York, 1966; MR0204498 (34 #4337)].
Nebenbei bemerkt, das Buch von Heldermann ist typographisch besser
als das von World Scientific. Die kommutativen Diagramme im letzteren
erzeugen bei mir schon fast physischen Schmerz.