Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Was Professoren mit Camorristi zu tun haben

Hadmut Danisch
10.7.2013 23:33

Eine spieltheoretische Erkenntnis.

Die Süddeutsche hat gerade einen schönen Artikel über die Notwendigkeit des Vertrauens und Strategien, die Informatikern als tit for tat bekannt sind.

Bemerkenswertes Zitat:

Ähnlich strukturiert sei eine von der Camorra organisierte illegale Lotterie: Gewinne werden zuverlässig ausgezahlt, damit der gute Ruf erhalten bleibt. Eine ähnliche Mentalität sei sogar in akademischen Kreisen zu finden, mahnt Gambetta: An italienischen Universitäten sei es üblich, dass Professoren die Studenten anderer Professoren in Prüfungen durchwinken, mit der berechtigten Erwartung, dass auch die eigenen Studenten bei den Kollegen reüssieren. Dieses System permanenter Gegenleistung werde von ausscheidenden Hochschullehrern sogar auf deren Nachfolger übertragen.

Ähnliches ist auch beim Peer Review zu beobachten: Es geht nicht um Qualität, sondern darum, des anderen Paper durchzulassen, auf dass man das eigene durchbekomme.

Es ging nie um Wissenschaft. Es geht um Spieltheorie und tit for tat. Wie bei der Camorra.

2 Kommentare (RSS-Feed)

Es ging nie um Wissenschaft. Es geht um Spieltheorie und tit for tat. Wie bei der Camorra.

Die Kybernetik tritt ja eben an, die Welt richtig zu beschreiben. Wenn Ergebnisse der Spieltheorie richtig sind, dann sind sie auch allgemeingültig, weil universell angesetzt. Deshalb ist es nicht verwunderlich, daß sie auch für die Wissenschaft gelten. Die Sensation wäre, wenn die Wissenschaft eine Ausnahme machen würde. Es findet folglich auch in der Wissenschaft ein Kampf statt.

Die Schlußfolgerung, über die Spieltheorie den Wissenschaftsbetrieb mit der Camorra zu vergleichen ist also ein Schuß von hinten durch die Brust ins Auge. Da gibt es nichts zu vergleichen, weil diese Dinge unter abstrakten Gesichtspunkten gleich sind. Das Leben ist ein Kampf — in allen Bereichen.

Es geht also schon um Wissenschaft — und damit ist zwansläufig ein Kampf verbunden. Daß da gleiche Strategien und Taktiken auftauchen können ist sekundär.

Carsten

“Der Prüfer wurde zum Komplizen.”
Professor Wilhelm Hankel


thomas
15.7.2013 15:00
Kommentarlink

in R. Savianos “Gomorrah” kann man noch allerhand über Mafiamethoden lesen, zb. auch über bestimmte Rituale (freilich nicht auf die Universität bezogen).

In J. Dickie “Cosa Nostra” kann man viel über die Entstehungsgeschichte der Mafiastrukturen in Italien lesen. Auch da lassen sich sicher eine ganze Menge Ähnlichkeiten mit der heutigen Universität besichtigen (zb. das die Cosa Nostra auf Sizilien als eine Art “Personen- und Besitzschutz” anfing, wobei die im Artikel beschriebene tit for tat-Regel hier so angewandt worden ist, dass man jeweils anderen Bescheid gab, wann der Herr des Hauses und der Großteil des “Sicherheitspersonals” gerade nicht anwesend sein wird und man die Bude also ausräumen oder sich Geiseln holen kann. Davor stärker (und teurer!) zu beschützen war dann wiederum Aufgabe der “Sicherheitsunternehmen”…).