Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Dresden: Potemkinsches Showtanzen für die Exzellenzinitiative

Hadmut Danisch
11.12.2011 14:46

Am Dienstag dem 13. und Mittwoch dem 14. ist angeblich an der Universität Dresden Begehung für die Exzellenzinitiative. Man bittet Mitarbeiter und Studenten angeblich um Showtanzen.

Aus einer Fakultätsrundmail der Informatikfakultät (die ich leider nicht auf Echtheit prüfen kann, deshalb mit Vorsicht zu genießen):

Liebe Informatikerinnen und Informatiker der TU Dresden,
liebe Partner aus den benachbarten Fakultäten und Forschungseinrichtungen,
liebe Mitglieder und Angehörige der Fakultät Informatik,

für die Exzellenzinitiative benötigt die TU Dresden Ihr Engagement! Am 13. Dezember werden DFG-Gutachter bei der Evaluation des Zukunftskonzeptes den Informatikneubau zwischen 16:45 und 18 Uhr besuchen. Bitte beleben Sie unser Gebäude durch Ihre Anwesenheit! Zur Vorbereitung wird es am 12. Dezember ab 16 Uhr einen Probelauf geben. […]

Für die Begutachtung des Zukunftskonzeptes kommen die DFG-Gutachter am 13. und 14. Dezember nach Dresden. Nach einer Präsentation durch den Rektor folgen diverse Sitzungen mit unterschiedlichen Personengruppen, wie zum Beispiel Studentinnen und Studenten, neu berufene Professorinnen und Professoren oder Dekaninnen und Dekane. Am 13. Dezember finden ab 16:45 Uhr zwei geführte Bustouren nach Johannstadt und über den Zentralcampus statt. Eine von vier Stationen auf der Campus-Tour wird das Informatikgebäude sein. Hier werden die Gutachter zwischen 16:45 und 18 Uhr für 15 Minuten sein. […]

Das Rektorat bringt uns durch diesen Besuchstermin ein großes Vertrauen entgegen, das wir nicht enttäuschen dürfen. Im Gegenteil – wir sollten die Erwartungen des Rektorats und der Gutachter übertreffen und allen zeigen, dass wir schon exzellent sind. Deshalb rufe ich Sie, liebe Studentinnen und Studenten, auf, am 13. Dezember geschlossen an den Veranstaltungen in der 6. Doppelstunde teilzunehmen. Außerdem würde es einen sehr guten Eindruck machen, wenn sich viele weitere Studentinnen und Studenten in den Poolräume, dem ASCII-Café und dem Foyer aufhalten könnten. Mein zweiter Aufruf geht an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Kolleginnen und Kollegen. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie am 13. Dezember ab 16:45 Uhr im ASCII-Café und im Foyer angeregte wissenschaftliche Diskussionen führen würden. Außerdem benötigen wir für die beiden Kurzpräsentationen im Raum E023 ungefähr 80 interessierte Zuhörer, die auf den vorderen Reihen Platz nehmen dürfen. […]

Alle die sich am 13. Dezember in der Nähe der Gutachter aufhalten und evtl. angesprochen werden, sollten an der Informationsveranstaltung am 12. Dezember teilgenommen haben und bei Bedarf Fragen zum Zukunftskonzept auf Englisch antworten können. Die restlichen sollten sich von den Gutachtern unauffällig fern halten, aber dennoch durch ihre Anwesenheit Leben in den Neubau bringen. […]

Um den Neubau optimal in Stimmung zu versetzen, werden wir möglichst viele Beleuchtungen anschalten – auch im Bereich der Rechnerpools, damit das gestaltete Teichgelände erkennbar wird. Bitte keine Lichter ausschalten! Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Blick ins Foyer oder nach draußen bitte ich, ab 16:45 Uhr alle Lichter in den Büros, Besprechungsräumen und Fluren anzuschalten und erst ab 18:30 Uhr wieder auszuschalten. […]

Ich wußte ja schon immer, daß die Exzellenzinitiative ein einziger großer Schwindel ist und habe ja schon wiederholt erwähnt, daß ich sie für einen größten Fälle von Wissenschaftsbetrug in der gesamten Wissenschaftsgeschichte überhaupt (jedenfalls der deutschen) halte. Aber daß man da so derb vorgeht, regelrecht Potemkinsche Dörfer baut, ist schon bemerkenswert.

Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum sie die Namen der Gutachter geheimhalten müssen, damit die nicht zum Gespött der Öffentlichkeit werden.

Ich hätt ja noch einen Verbesserungsvorschlag. Die Damen vom horizontalen Gewerbe machen für Geld ja bekanntlich fast alles und sind tagsüber schlecht ausgelastet. Für etwas Geld könnte man die mit dem Bus ankarren, sie in weiße Kittel stecken und hübsch in der Informatikfakultät verteilt aufstellen. Im Rumstehen bis einer kommt sind die ja gut. Die wissen auch, wie man sich optisch einladend herausputzt. Wo es doch neuerdings so auf die Frauenquote ankommt und die in Informatik so schlecht ist, würde sich das doch bestimmt gut machen, wenn man da überall ein paar Frauen aufstellt und jede mit zwei oder drei Scheinwerfern einzeln anstrahlt. Und wenn’s mit der wissenschaftlichen Qualität dann nicht so reicht, können die den Gutachtern dann auch problemlos gleich einen …

Huahahahaaa

12 Kommentare (RSS-Feed)

Steffen
11.12.2011 15:12
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Während meiner Zeit in Berlin erinnere ich mich an ähnliches, das ist kein Einzelfall. Die Fakultät, an der meine Frau damals promovierte, hatte sich auf die Begehung im Rahmen der ersten Exzellenzinitiative vorbereitet. Sämtliche Doktoranden und Post-Docs wurden zu einer “Informationsveranstaltung” zwangsverpflichtet, wo der Fakultätschef die Massen regelrecht einpeitschte und ganz exakte Richtlinien für den Tag vorgab. Meine Frau und andere Bekannte aus der Fakultät waren schockiert wie aggressiv der Tonfall dabei war, und bei manchen die in der DDR aufgewachsen sind kamen sehr ungute Erinnerungen wieder hoch. I-Tüpfelchen war, daß sämtliche Fakultätsmitarbeiter verpflichtet wurden, in Businessanzug bzw. Businesskostüm an dem Tag der Begehung zu erscheinen, und dazu angewiesen wurden, “geschäftige Konzentration” vor dem Rechner oder “angeregte wissenschaftliche Diskussionen” zu spielen.

“Potemkinsches Dorf”, ja, der Begriff trifft die Absurdität der ganzen Veranstaltung perfekt.

Meine Frau meinte später, als wir den akademischen Irrsinn endlich hinter uns gelassen hatten, daß eben jener Tag der letzte Sargnagel ihrer Motivation für die akademische Welt war.


egal
11.12.2011 18:02
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http://idw-online.de/pages/de/news312602

Da wurden die Studierenden der Informatik gebeten zu erscheinen. Der Saal sollte nicht so leer wirken, wenn Intel CEO und Ministerpräsident Müller (jetzt Verfassungsrichter) auftanzen.


HF
11.12.2011 18:17
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ROTFL
“Alle die sich am 13. Dezember in der Nähe der Gutachter aufhalten und evtl. angesprochen werden, sollten an der Informationsveranstaltung am 12. Dezember teilgenommen haben und bei Bedarf Fragen zum Zukunftskonzept auf Englisch antworten können.”
Die restlichen sollten sich von den Gutachtern unauffällig fern halten, aber dennoch durch ihre Anwesenheit Leben in den Neubau bringen.”

Was für eine Verachtung dem Fussvolk gegenüber in diesen paar Zeilen steckt. Und was für eine Verachtung den Gutachtern gegenüber. Das Ganze klingt mir nicht danach, dass die Professoren sie als gleichrangig wahrnehmen. Wer sind diese Gutachter?


Titus Andronycus
11.12.2011 22:09
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Mail ist so über Uni-Mailinglisten gegangen. Es wurde aber noch eine Erläuterung nachgeliefert, die man vielleicht von vorn herein hätte bringen sollen:

Es geht nicht darum, den Alltag in der Fakultaet zu zeigen, sondern den
Gutachtern unser Engagement fuer die Exzellenzinitiative nahe zu bringen. Das werde ich bei der Begruessung der Gutachter auch so kommunizieren. Wuenschen wir gemeinsam der TU Dresden viel Erfolg in der
Exzellenzinitiative – ich hoffe sehr, dass unser Beitrag einen positiven
Ausgang beguenstigen wird.


Juri
12.12.2011 1:24
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Exkremenzinitiative. Es heißt Exkremenzinitiative.


Dresdner Inf
12.12.2011 1:56
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Es gab eine Email am 5.12. an die Liste “Fakultaet-offentlich” (entgegen dem Namen nicht öffentlich, primär Ankündigungen an Mitarbeiter). Diese wurde im Beitrag zitiert und enthält die abschwächende Passage nicht.

Es gab eine zweite Email am 7.12. an “Studenten-verteiler” (alle Studenten), in denen einige Sonderbarkeiten nicht mehr so hart formuliert sind und die auch das mit dem “Engagement” enthält.


Kurt
12.12.2011 12:38
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> Die Damen vom horizontalen Gewerbe machen für Geld ja bekanntlich
> fast alles und sind tagsüber schlecht ausgelastet.
Da kennst Du Dich aber schlecht aus. Hauptgeschäftszeit ist die Mittagspause. (Wegen Außendienstlern aller couleur wird meist um 10 geöffnet — vormittags!)


Boris
12.12.2011 14:04
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Die Exzellenzinitiative ist wieder mal ein klassisches Beispiel wie eine ursprünglich mal vernünfftige Idee – Anreize für wissenschaftliche Exzellenz zu schaffen – sich in das absolute Gegenteil verkehren lassen.
Anstelle des tatsächlichen Nachweises und der Begutachtung wissenschaftlicher Exzellenz erfolgt ein Schmierentheater, wie es beim BMBF schon immer üblich war.
Aber was soll man auch anderes von diesen ganzen unfähigen Kommödianten erwarten, die seit Jahren in der deutschen Forschungs- und Bildungspolitik fest verankert sind und sich gegenseitig Posten und Mittel zuschieben.
Das Problem ist leider, dass schon an den Hochschulen die fähigen Leute keine Lust haben sich mit Wissenschaftspolitik herumzuschlagen und sich entweder ihre Niesche suchen oder gleich in die Wirtschaft oder ins Ausland abhauen. In den Gremiem trifft man dann auf die immergleichen Nieten, Bekloppte, Langweiler und Selbstdarsteller. Das ganze setzt sich entsprechend außerhalb der Hochschulen fort und spiegelt sich quer durch alle Parteien an deren Bildungspolitischen Personal.


Hans
12.12.2011 20:43
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Das eigentlich tragische an der Geschichte ist: Leute, die so etwas von ihrem Fußvolk fordern, um die nächst “höhere” Schicht zu beeindrucken, merken nicht, wie sie Schritt für Schritt sich nur Schleimer und Ja-Sager an Land ziehen.

Und leider muss auch ich sagen: die Universitäten sind voll mit beiden Sorten von Leuten.

Professoren, die mit absurden Ideen und ach-so-wichtigen EU-Projekten locken.

PhD-Studenten, die den Schwachsinn dieser Professoren mitmachen. Teilweise, weil viele Leute sagen: “In der Wirtschaft ist es noch schlimmer”. Und wenn etwas hochspekulativer Quatsch ist wird es abgetan mit: “Das ist halt Forschung, da weiß man nicht genau, worauf es hinausläuft”

Die Uni besteht aus sehr vielen Leuten, die sich mit dem dortigen System arrangiert haben. Und weil Wissenschaftler immer so erhaben wirken – und vor allem sehr schlau daherreden können -, traut sich auch die Presse kaum, da mal genauer hinzusehen.

Ich würde wetten, dass zumindest 80% aller DFG-Sonderforschungsbereiche in der Informatik völligen Unsinn erforschen und kaum Ergebnisse bringen werden.


Steffen
13.12.2011 12:11
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@Hans: Zu “In der Wirtschaft ist es noch schlimmer” habe ich die Beobachtung gemacht, daß

a) das zum guten Teil nur ein Mythos ist. In der freien Wirtschaft habe ich bei weitem nicht soviel Ausbeutung, Unverfrorenheit, Machtspielchen, Eitelkeiten und absurde Sinnlosigkeit erlebt wie in der Wissenschaft. Kann man sich auf dem freien Markt auch nicht so leicht leisten im Vergleich zu den verbeamteten Professoren. Eine Firma, die mit ihren wichtigsten Mitarbeitern umgehen würde wie die Uni es tut, wäre längst pleite.
b) daß dieser Mythos aber gerade von der Professorenschaft sehr gerne zelebriert wird. Ich vermute ganz schwer, um aus dem stetigen Fluss der jungen und naiven Studenten weiter genug billige Arbeitskräfte zu ködern.

Das ist der gefährliche Mix von:
– Der uralten Ideologie, daß angeblich nur akademische Forschung die einzig würdige Tätigkeit sei und daß alles andere prinzipiell minderwertig sei.
– Eiskalt berechnenden Professoren, die dringendst auf emsige Paperlieferanten und Laborknechte angewiesen sind.
– Verunsicherten Studenten, die ihr bisheriges Leben nur die akademische Elfenbeinturmwelt erlebt haben (das beinhaltet die Schulzeit).

Ergebnis: Immer noch viel zu viele Leute, die völlig unvernünftigerweise eine sinnlose Promotion anfangen oder auf Post-Doc Stellen ohne Zukunft vergammeln, weil sie sich Angst vor der freien Wirtschaft haben einreden lassen.


Hadmut Danisch
13.12.2011 12:27
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Ich habe in der Wirtschaft in inzwischen 13 Jahren auch nichts erlebt, was auch nur annähernd den Zuständen an der Universität entspräche. Sowas ginge in der Wirtschaft so gar nicht. Solchen Sumpf, solche Korruption, solche Willkür gibt es nur an den Universitäten.


Szenenkenner
13.12.2011 20:57
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Die Exzellenzinitiative ist der größte Lug und Trug überhaupt. Hindefinierte “Projekte” bei bekannten Instituten und Forschungsschwerpunkten, eine völlige Überversorgung mit Geld, bei der selbst dem DFG-Präsident letztlich schlecht wird! Und Geld weckt Begehrlichkeiten, man will den alten, aber reichhaltigen Wein aus den neuen Schläuchen abpumpen! Und die Öffentlichkeit wird durch aufgeplusterte www-Seiten an der Nase herumgeführt- durch die Politik und die durch die Politik völlig instrumentalisierte Geldwaschanlage DFG…