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Wie bei der DFG das Geld millionenweise abgepumpt wird

Hadmut Danisch
19.10.2011 20:21

Wo wir’s doch gerade von der DFG haben: Wollt Ihr mal wissen, wie bei der DFG das Geld in Millionen-Bündeln in dunkle Kanäle verschoben wird?

Das Stichwort heißt „Programmpauschale”. Was ist eine Programmpauschale? Dazu die FAQ der DFG:

Die Regierungschefs von Bund und Ländern haben am 14. Juni 2007 den Hochschulpakt 2020 verabschiedet. Die zweite Säule dieses Paktes besteht aus der schrittweisen Einführung einer Programmpauschale in allen in Betracht kommenden Förderverfahren der DFG. Danach erhalten die Antragsteller der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Forschungsvorhaben einen pauschalen Zuschlag zur Deckung der mit der Förderung verbundenen indirekten Projektausgaben (Programmpauschale). In der öffentlichen Diskussion wird die Programmpauschale oftmals auch als „indirekte Projektkosten“ oder als „Overhead“ bezeichnet.

Etwas verklausuliert formuliert. Heißt im Klartext, daß man für ein Projekt, das man bei der DFG beantragt, einfach 20% mehr Geld bekommt. Einfach so. Ohne besonderen Grund. Man sagt, daß man 100 Euro braucht, und bekommt 120. Dabei wird nicht etwa das bestehende Geld großzügiger verteilt, sondern dafür gibt es nochmal eine Sonderzuwendung des Bundes an die DFG. Von 2007 bis 2010 waren das 703,5 Millionen Euro. Die da einfach an den Projekten blind vorbei irgendwo in die Hochschulen sickern. Also eine als Projektbeilage getarnte unzulässige Bundesfinanzierung der Landeshochschulen.

Warum gibt es diese Pauschale überhaupt?

Bei kleinen Projekten ist das sinnvoll. Wenn da irgendwo ein kleiner Mitarbeiter finanziert wird, dann braucht der auch einen PC, einen Kugelschreiber, ein Telefon, der Raum muß geheizt werden. Solchen Kleinkram zu erfassen, wäre mehr Aufwand, als das alles wert ist. Da ist es durchaus sinnvoll, neben die eigentlichen Personalkosten noch etwas Nebenkosten dazuzulegen. Geschenkt, dagegen will ich nichts sagen. Ist völlig in Ordnung.

Nun gibt es aber auch ganz große Projekte, SFBs, Exzellenztänze und sowas. Da denken sich die Universitäten schon jeden erdenklichen Mist aus, um nur irgendwie die Antragssumme hochzutreiben. Die erfassen da nicht nur jeden Piep, sondern sind auch sehr phantasiereich, alles mögliche fremde noch mit reinzurechnen. Solche Anträge umfassen weit mehr, als das Projekt kosten kann. Und obwohl die schön völlig übertrieben hoch abrechnen, bekommen sie einfach nochmal 20% obendrauf. Rechnet eine Universität ein Projekt also künstlich und fiktiv auf 5 Millionen Euro hoch, bekommt sie nicht nur den ganzen darin versteckten projektfremden Kram mitbezahlt, sondern obendrauf noch eine Million hinterhergeworfen.

Eine Million, einfach so, unbestellt, unberechnet, einfach geschenkt. Dazu die FAQ:

Muss die Programmpauschale gesondert beantragt werden?

Nein.

Und was macht sie damit? Was sie will. Aus der FAQ:

Man könnte ja nun vermuten, daß man für das Geld dann einfach mehr forscht, aber genau das ist ja gar nicht erlaubt. Da hat man von vornherein vorgesorgt, daß das Geld nicht in das Projekt, sondern in die Taschen der Uni fließen muß:

Für welche Zwecke darf die Programmpauschale verwendet werden?

Die Programmpauschale ist nicht zur Verstärkung der Ansätze der Projektmittel einsetzbar und umgekehrt; sie gewährt vielmehr pauschalen Ersatz für durch die Projektförderung in Anspruch genommene Infrastruktur (beispielsweise für Raum-, Wartungs-, Software- oder Energiekosten) und für die Mitarbeit von Personen, die nicht als Projektpersonal abgerechnet werden. Solche indirekte Projektausgaben können sowohl zentral als auch dezentral anfallen. Der Mitteleinsatz der Programmpauschale ist auch für innovative Zwecke denkbar, wie etwa Anreize für neue Forschungsarbeiten, tarifliche Zulagen für herausragende wissenschaftliche Leistungen oder Professionalisierung des Forschungsmanagements.

Heißt im Klartext: Die Uni kann damit einfach irgendwas ganz anderes machen, was mit dem Projekt nichts mehr zu tun hat. Oder aber („tarifliche Zulagen”) es den Professoren direkt in deren private Tasche stecken. Was übrigens auch überhaupt nicht mehr Sache des Bundes, sondern der Länder ist. Das ganze Ding ist dafür gebaut, daß sich Universitäten im Ganzen und Professoren im Einzelnen am Projekt vorbei an Steuergeldern des Bundes bedienen.

Nun könnte man ja auf die Idee kommen, daß das irgendwer kontrollieren könnte. Nöh. Dazu die FAQ:

Muss der Grund oder der Zeitpunkt der Verwendung der Programmpauschale nachgewiesen werden?

Da die Programmpauschale für zuwendungsfähige Ausgaben gewährt wird, die ihrer Natur nach nur mit erheblichem Aufwand genau festgestellt und belegt werden können, wird auf einen Verwendungsnachweis verzichtet. Gegenüber der DFG sind weder der Grund noch der Zeitpunkt der Verwendung der Programmpauschale im Einzelnen nachzuweisen.

Aha. Nehmt das Geld und macht damit, was ihr wollt, die DFG will’s nicht wissen. Und schreibt gleich dazu, daß man es ja sowieso nicht so genau feststellen kann.

Wie bitte!?
„…nur mit erheblichem Aufwand genau festgestellt und belegt werden können” ?

Was soll denn das heißen? Gibt es an den Universitäten etwa keine ordnungsgemäße Buchhaltung? In jeder halbwegs seriösen Firma werden die Kosten der einzelnen Abteilungen genau auf separaten Konten berechnet. Nur ausgerechnet die Universitäten – die ja, der Treppenwitz schlechthin, auch noch Betriebswirtschaft und Management als Studiengänge lehren – sollen nicht in der Lage sein, die genauen Kosten zu bestimmen? Was erzählt die DFG da für einen Quatsch? Und was läßt sich die Politik da von der DFG für einen Blödsinn aufbinden?

Von mir als kleinem Freiberufler fordert das Finanzamt für alle Ausgaben genaue Nachweise, wofür es nötig war, was es gekostet hat, daß es auf Gewinn ausgerichtet war. Aber bei Universitäten, die extra Buchhaltungen haben, die Betriebswirtschaft lehren und die Millionen, gar Milliarden umsetzen, fordert man gar nichts, sagt einfach, das wäre sowieso alles nicht so genau feststellbar?

Und da behauptet dieser Knallfrosch von DFG-Präsident auch noch, das wäre alles transparent?

Also wenn ich da – wohlgemerkt nicht mal als Wirtschaftsprüfer sondern als Informatiker – mal einen Vorschlag machen würde:

Ich würde auf solche Projekte keineswegs 20% oben drauf legen, sondern was ganz anderes. Nämlich eine ganze oder eine halbe Stelle für einen ordentlichen Buchhalter, der das ganze Projekt überwacht und die Bücher führt. Es gibt jede Menge fähige Buchhalterinnen, die eine Stelle suchen oder wegen Mutterschaft eine halbe Stelle, wo es nicht so genau drauf ankommt, ob man mal einen Tag später kommt oder ne Stunde früher geht, weil die Kinder krank sind, oder man überhaupt die Kinder morgens noch in die Schule bringt. Sowas sollte die DFG zu einem Projekt obendraufinanzieren, damit das alles mal ordentlich abgerechnet wird. Als Nebeneffekt hätten viele Leute einen Job.

Nach meiner Einschätzung ist diese Programmpauschale in vielen Fällen Geldwäsche zum Zweck der Veruntreuung und Unterschlagung. Womit wir wieder beim Thema wären, nämlich der Frage, ob die DFG die Geldwaschanlage der Bundesregierung ist. He, Bundesrechnungshof! Lest Ihr mit?

4 Kommentare (RSS-Feed)

karbau
20.10.2011 11:22
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Kleiner Fehler: das Wort “tariflich” impliziert, daß das gerade nicht an (verbeamtete) Professoren ausgezahlt werden kann – da muß man schon 2-3 Runden mehr durch die Kostenstellen drehen.

Ergänzung: bevor die Projekte bzw die Antragsteller (die ja immerhin die Arbeit des Antrags auf sich genommen haben) das Geld überhaupt sehen, reissen sich die Zentralverwaltungen der Unis irgendwas zwischen 30-100% der Programmpauschale unter den Nagel und der Wissenschaftler sieht davon nichts. Von dem Geld werden dann monoton wachsende Verwaltungsstellen; sorry; Management- und PR-Experten aufgebaut, persönliche Assistenten von Uni-Rektoren bezahlt, oder auch gerne eine “Stabsstelle” nach der anderen gegründet – gerne in den Bereichen “Exzellenz”, “Strategie”, “Kommunikation”, “Public Relations” oder irgendeinem anderen Bullshit. Und da kommen dann die BWLer unter, die man vorher ausgebildet hat; so schließt sich der Kreis.


Hadmut Danisch
20.10.2011 11:27
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Es impliziert zumindest mal, daß es tendenziell um aufgestockte Gehälter geht.

Und wenn man beachtet, daß nach dem neueren W-System der Professorenbesoldung nur ein Grundeinkommen gibt, zu dem es Zulagen gibt, die davon abhängen, wieviel Drittmittel einer einfährt, dann liegt es doch auf der Hand, daß aus dieser Pauschale die Universität auf der einen Seite unbelegte Kosten für irgendwelche Räume, Personal oder sonstwas einnimmt, auf der anderen Seite dem Professor aber mehr zahlt, weil er so schöne Drittmittel einwirbt.

Und wenn sich die Zentralverwaltungen das Geld unter den Nagel reißen, dann ist das doch genau das, denn die Verwaltungen bezahlen die Zulagen der Professoren.

Also effektiv Geldwäsche.


User
22.10.2011 19:29
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Krass! wo leben wir denn?


Heiner
22.10.2011 22:40
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Der Overhead dient dem Ausgleich.
Die Univerwaltungen bekommen zwischen 5-50% der beantragten Gelder. Der Overhead soll dieses “Abzweigen” der Unis auffangen, damit der Geförderte auch tatsächlich die in etwa benötigten Gelder erhält.