Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Ist die DFG ein intransparenter Saftladen, der Ideenklau und Selbstbedienung fördert?

Hadmut Danisch
19.10.2011 18:43

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft gehört ja zu den übelsten Dauerthemen in meinem Blog. Nun ist eine ganz heftige Kritik an der DFG in der FAZ erschienen.[Nachtrag]

Der FAZ-Artikel stößt in dieselbe Richtung, in die ich auch selbst schon häufig gebloggt habe. Die DFG als ein völlig undurchsichtiger Sumpf, in den unkontrolliert Milliarden von Steuergeldern abfließen und niemand weiß, nach welchen Kriterien die vergeben werden – nur nicht nach guten.

Die Reaktion läßt nicht auf sich warten, DFG-Präsident Matthias Kleiner keilt zurück und behauptet, es würde an Transparenz nicht fehlen.

Nur: Matthias Kleiner sagt nachweislich die Unwahrheit. Das heißt nicht unbedingt, daß er lügt, sondern daß er es vielleicht nicht besser weiß, denn – wie in diesem Blog schon häufig erwähnt – hat die DFG schon längst keinen Überblick mehr, wie und wo da die Milliarden in alle Richtungen geschossen werden. Und wenn die DFG keinen Überblick hat – wie soll es dann deren Präsident haben?

Ich habe nicht nur Gerichtsurteile, mit denen Dritte mit dem Versuch abgeblitzt sind, etwas Licht ins Dunkel zu bringen, sondern auch selbst immer wieder die Erfahrung gemacht, daß die DFG alle Anfragen mit Hinblick auf den Vereinsstatus abblockt. Bei der Exzellenzinitiative hat die Ministerin Schavan explizit ihre CD mit den Akten vernichten lassen, damit sie nur noch bei Wissenschaftsrat und DFG liegen, wo sie niemand einsehen kann. Keine Information dringt auf normalem Wege aus der DFG.

Und verlogen ist der Haufen obendrein. Vorneraus heucheln sie, daß sie auf wissenschaftliche Redlichkeit Wert legen, aber auf Hinweise auf Fehlverhalten reagieren sie erst gar nicht. Und als ich sie damals auf die krummen Methoden Beths (auch als Gutachter) hingewiesen habe, hat sie das auch nicht interessiert, sie haben ihn einfach weiter als DFG-Gutachter eingesetzt.

Insofern ist es durchaus nicht nur Hohn, sondern bewußte Täuschung der Öffentlichkeit, wenn dieser DFG-Präsident nun behauptet

„Die DFG ist an jedem ernstgemeinten Diskurs über die Strukturen und die Qualität von Forschungsförderung hochinteressiert; an Skandalisierung und polemischem Disput wird sie sich hingegen nicht beteiligen.”

Denn das trifft auf die DFG nachweislich nicht zu. Das ist gelogen.

Wird also höchste Zeit, daß die DFG endlich in das Blickfeld der öffentlichen Kritik rückt und dieser Saftladen ausgemistet wird. Die Befürchtung ist allerdings, daß das nicht passieren wird, solange wir von Leuten regiert werden, die durchaus ein Interesse an der Aufrechterhaltung mafiöser Strukturen und Geldflüsse haben und das als Forschung(sförderung) ausgeben.

Nachtrag: Horstkotte schlägt in der ZEIT auch nochmal heftig drauf. Zitat:

Denn bei der DFG gilt das Gesetz des Schweigens. Sie beharrt darauf, weil Gutachter sonst nicht freimütig genug urteilen könnten. Der Pate bleibt immer im Dunkeln.

Wißt Ihr jetzt, warum ich mein Blog „Forschungsmafia” genannt habe?

7 Kommentare (RSS-Feed)

Granado
21.10.2011 9:57
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Hm, zu DFG-Kritiker Reuß in der FAZ:
Essay. Open Excess: Der Heidelberger Appell
Von Matthias Spielkamp
24.03.2009. Verleger und Autoren wehren sich auf Initiative des Heidelberger Professors Roland Reuß gegen eine “Enteignung” durch Google und Open Access. Ihre Argumentation ist haarsträubend, voller Fehler und gefährlich.
Im Sport würde man sagen: Roland Reuß hat einen Lauf. Am 11. Februar hatte der Philologe und Professor für neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Heidelberg in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine Polemik veröffentlicht, in der er großen deutschen Wissenschaftsorganisationen, allen voran dem Wissenschaftsrat und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eine “heimliche technokratische Machtergreifung” (so der Titel) unterstellte.
http://www.perlentaucher.de/artikel/5347.html


Martin Rost
21.10.2011 10:12
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Hallo Hadmut,

eine Analyse der zunftartigen Wissenschaftsstruktur in Deutschland habe ich, zu den Hochzeiten der berechtigt tollsten Versprechen der Internetnutzung Mitte der 90er Jahre, vorgelegt. An diesen Strukturen hat sich, trotz des Reinlassens von Technik in die Diskurse, seitdem rein gar nichts verändert. Wenn ich den Faden von damals aufgriffe, ich hätte nicht viel qualitativ Neues zu ergänzen. Web2.0 ist das Neue jedenfalls noch nicht.

Ich zitiere mal aus dem Opener meines letzten Aufsatzes aus dem Jahr 2001, wobei ich wiederum einen damals schon 20 Jahre alten Befund aufgreife:

“Mit Beharrlichkeit koexistieren Industrialisierung der Gesellschaft und handwerklich bleibende Intelligenzarbeit, die nirgends den Ansatz macht, die Stufe der großen Maschinerie und Kooperation zu erklimmen; das gilt für die in der Gesellschaft zerstreute unmittelbare Intelligenzarbeit der Produzenten ebenso wie für die berufliche. In der Industrieproduktion wird zwar die Intelligenztätigkeit angewendet, sie steckt ja bereits in der toten Arbeit (…). Sogleich zieht sie sich aber auf die handwerkliche Stufe wieder zurück.” (Negt/ Kluge 1981: 442)
An diesem vor 20 Jahren formulierten Befund möchte ich mit der Behauptung anknüpfen, dass sich die Wissenschaftsinstitutionen durch die Nutzung des Internet nunmehr anschicken, ihre bislang zunftartig-handwerkliche Organisationsstufe wissenschaftlicher Produktion zu verlassen und sich zu industrialisieren.”

Text unter:
http://www.maroki.de/pub/sociology/mr_wkdz.html

Ich denke natürlich, dass meine These nach wie vor stimmt. Aber dass es offenbar alles so verdammt lange dauern muss, überrascht mich.

Mit den besten Grüßen
Martin Rost


Hadmut Danisch
21.10.2011 10:55
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@Martin Rost: Ich komme gerade nicht dazu, das im Detail zu lesen, weil ich heute und die nächsten Tage mit einer Servermigration u.a. voll beschäftigt bin.

Der wesentliche Knackpunkt scheint mir aber zu sein, daß Industrialisierung wesentlich mit Effizienzssteigerung, Arbeitsteilung, Synergie, Kooperation (und damit eben den standardisierten Schnittstellen) zu tun hat. Weil es darauf ankommt, mit möglichst wenig Aufwand möglichst viel Ergebnis zu produzieren.

Das sind alles Anforderungen, die im Wissenschaftszirkus eigentlich keine Rolle spielen. Da wird versucht, mit möglichst viel Aufwand dessen Verbrauch zum Selbstzweck zu machen, und das Ergebnis ist egal. Die Ineffizienz hat sozusagen Methode.


Martin Rost
21.10.2011 12:14
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@Hadmut Danisch

Die Ineffizienz der Wissenschaft zur Methode zu erklären, folgt einem romantischen Bild vom Tun des Wissenschaftlers und ist selber bereits ein Teil des Problems! Auch wissenschaftlicher Betrieb muss nicht auf Effizienzsteigerung, Arbeitsteilung, Synergie und Kooperation, Standardisierungen der Diskurse (Vorschlag 1995: Diskurs-Markup-Language allein zur Auszeichnung der Folge von Sätzen aus Sätzen als Induktion, Deduktion, Abduktion – gibt es bis heute nicht, obwohl triviale Idee) verzichten. Industriealisierung hiess und heisst vor allem auch: Entmachtung der Zünfte (wobei Zunft nicht nur polemisch gemeint ist, sondern einen Begriff aus der Industriegeschichte meint). Das war mein Hauptgrund, warum ich überhaupt aufmerkte. Wenn Du es nicht liest, kommst Du analytisch vermutlich nicht weiter, bekommst Du Deine absolut zutreffende Kritik nicht stärker fokussiert, sondern verharrst überwiegend bei Polemik und Kopfschütteln. Es ist einfach viel mehr als nur das drin.

Gutes Händchen bei der Migration.

Besten Gruß
Martin


Hadmut Danisch
21.10.2011 12:17
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Ich stoße aber schon seit Jahren immer wieder gegen diese Wand, daß Wissenschaft hier fast allein am „romantischen Bild vom Tun des Wissenschaftlers” gemessen wird bzw. wurde.

Seit ein paar Jahren wird es durch das Bild der Drittmittelmenge, die einer einwirbt, ersetzt. Dirttmittel beruhen aber auch nicht auf Effizienz und vernünftigem Arbeiten.


Martin Rost
21.10.2011 12:55
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@Hadmut,

habe ich Drittmitteln das Wort geredet? Ich rede (Grundlagen)Wissenschaft das Wort, nicht einer betriebswirtschaftlich gebundenen Forschung, selbstverständlich auch nicht irgendeiner Drittmittelforschung. Das fängt damit an, dass man jedem Studierenden ein Studiengeld auszuzhalen sollte, wie anderen Auszubildenden auch.

Das Bild einer modernen Wissenschaft zu zeichnen sollten wir nicht den tumben Kaufleuten oder Bildungspolitikern überlassen! Aber unsere romantischen Vorstellungen darüber, wie man Wissenschaft heutzutage betreiben könnte sollte eben auch kein Zurück zu den Bedingungen sein, mit denen die Herren Humboldt, Röntgen, Bohr, Einstein, Heisenberg klarzukommen wussten. Wissenschaft heisst aus meiner Sicht vor allem: Kommunikation. Dann Nach-Denken! Dass es die 0 gibt, nur mal so als Beispiel, muss einem erzählt werden. Und alles andere auch erst einmal, bevor man Voraus-Denken kann. Und all das Drumherum will klug organisiert und technisch unterstützt sein.

Naja , wenn Du einfach kein Bock auf Lesen hast…
ich verstehe es ja … Lesen und Schreiben wird eh überschätzt…

Besten Gruß
Martin


Hadmut Danisch
21.10.2011 12:59
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> “Naja , wenn Du einfach kein Bock auf Lesen hast…”

Ich weiß nicht, ob Du Dir das vorstellen kannst, aber ich bin gerade am Arbeiten.