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Die Reaktion der Silvana Koch-Mehrin auf den Doktorentzug – Prüfen bis auf Weiteres

Hadmut Danisch
15.6.2011 19:33

Von Silvana Koch-Mehrin gibt es eine interessante Reaktion auf den Entzug ihres Doktorgrades.

Dummerweise finde ich jetzt gerade die Quelle nicht mehr. Ich habe gerade mehrere Webseiten und die Heute-Nachrichten darüber gesehen und war mir sicher, das in heute gehört zu haben, aber im Video-Schnipsel auf dem heute-Webserver kam’s dann nicht mehr vor.

Angeblich will sie Widerspruch gegen den Entzug des Doktorgrades einlegen und darauf hinweisen, daß zur wissenschaftlichen Redlichkeit nicht nur das ordentliche Schreiben, sondern auch das ordentliche Prüfen gehört.

Zwar ist mir nicht ganz klar, was sie damit juristisch erreichen will, weil man sich damit nicht gegen einen Entzug verteidigen kann. Wenn man bestreitet, daß eine ordentliche Prüfung stattgefunden hat, dann ist der Doktor erst recht weg, weil die Prüfung nichtig ist.

Davon abgesehen ist es aber treffend. Denn man muß zunehmend mal die Frage stellen, was die Prüfer da eigentlich getan haben wollen. Werden Doktorgrade auf Verdacht und Kredit vergeben? Daß Promotionsprüfer die Diss nicht lesen ist ja kein Geheimnis, das kommt sehr häufig vor.

Die Frage ist aber, ob das nicht schon dazu verkommen ist, daß der Doktor willkürlich und ungeprüft vergeben und dann eben wieder zurückgezogen wird, wenn’s jemand widerlegt.

Man muß aber mal daran erinnern, daß eine Prüfung keine beliebige „wissenschaftliche” Aussage ist, die dann halt einfach mal von jemand widerlegt wurde, sondern immerhin mal ein hoheitlicher Verwaltungsakt. Da kann man eigentlich nicht einfach mal so die Meinung wechseln und sagen, der Stand des Wissens ist jetzt anders.

Das wird noch heiter.

4 Kommentare (RSS-Feed)

Erbloggtes
15.6.2011 19:57
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Hier ist die Quelle “im Wortlaut”:

http://www.welt.de/politik/deutschland/article13431784/Koch-Mehrins-Reaktion-auf-den-Entzug-der-Doktorwuerde.html

Daraus geht auch die juristische Argumentation hervor: Dem Promotionsausschuss war damals bereits bekannt, dass die Arbeit Textstellen ungekennzeichnet übernommen hat. Seinen damaligen Beschluss zur Erteilung des Doktorgrades kann er heute nicht ohne schwerwiegende neue Tatsachen revidieren.

Juristisch ist das trickreich, sachlich Humbug. Aber nehmen wir mal an, es läuft ganz dumm für die Gerechtigkeit: Ein solches Gerichtsverfahren Koch-Mehrin gegen Uni Heidelberg wäre der totale Spießrutenlauf für sie. Kachelmann war nichts dagegen. Aber wenn sie denn Prozess anstrengt, kann sie vielleicht unter Verweis auf das “schwebende Verfahren” noch ein Jahr EU-Abgeordnete bleiben. Und vielleicht reicht ihr das für den Rentenanspruch.

Es gibt übrigens auch Leute, die meinen, dass Koch-Mehrin auch als von der Uni überführte Betrügerin Abgeordnete bleiben sollte:

http://erbloggtes.wordpress.com/2011/06/15/plagiator-nummer-4-silvana-koch-mehrin-fdp/

Schöne Grüße


Rosenkranz007
15.6.2011 20:39
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Ich kann’s mir lebhaft vorstellen: die Dame hatte sicherlich (vor zehn Jahren zumal) ihren ganz speziellen, augenklimpernden Charme, was die betagteren Herren Professoren – die übrigens im direkten persönlichen Umgang fast alle konfliktscheu, vulgo erbärmlich feige, sind – bewog, ein Auge zuzudrücken. “Cum laude” also. Auf deutsch: das Mädel ist für eine “Wissenschaftskarriere” untauglich. Aufatmen allerseits.

Was ich aber nicht verstehe: die Abgabefassung einer Diss. ist ja normalerweise nicht die beim Verlag eingereichte Druckfassung. Nach der Abgabe vergeht ca. ein halbes Jahr; es folgt das mündliche Rigorosum. Vorher gibt’s den “Wink”, daß die Diss. zumindest “bestanden” ist. Irgendwann trudeln dann die beiden Gutachten ein. Wenn die Prüfer Gravierendes zu beanstanden hatten, steht das da drin. Unsere S. hätte also die Gelegenheit (und Pflicht) gehabt, die Einwände für die Druckfassung zu berücksichtigen. (Der Verlag will oft die Gutachten einsehen). Offenbar waren der Dame die Monita der Prüfer aber völlig wurscht. Sie reichte ihr Manuskript einfach weiter, ein Verlag druckte es, fertig. Abgehoben eben.

Warum sie jetzt den schwarzen Peter ihren großmütigen Prüfern zuzuschieben versucht, und obendrein frech behauptet, sie habe ja schon “seit 10 Jahren” von den Fehlern gewußt, ist mir völlig schleierhaft. 1) Warum hat sie das Teil dann überhaupt eingereicht? 2) Warum hat sie die gewichtigen Mängel nicht vor der Drucklegung behoben? Ich frage mich eigentlich nur, ob sie Nebelkerzen werfen will und die “dummen Wähler” irgendwie hinters Licht zu führen gedenkt, um ihren “Ruf” und ihr Mandat zu retten oder ob sie wirklich so vollkommen dämlich ist.

Menschen solchen Formats sollten keine politische Verantwortung tragen, nicht in Brüssel, nicht in Berlin, nicht in Wanne-Eickel.


[…] Danisch: Die Reaktion der Silvana Koch-Mehrin auf den Doktorentzug – Prüfen bis auf Weiteres. In: Forschungsmafia.de, 15. Juni 2011 (Vorhersage: „Das wird noch […]


Erbloggtes
15.6.2011 23:02
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Naja, im Wissenschaftsbereich veröffentlichen Verlage die Doktorarbeiten von Guttenberg, Koch-Mehrin und Co. sicher nicht, weil sie vom wissenschaftlichen Wert der Arbeiten überzeugt sind. Der Nomos-Verlag in Baden-Baden kalkuliert ebenso ökonomisch wie Duncker & Humblot in Berlin:

Wird sich wohl 20x verkaufen, vielleicht 30x, weil’s von einem Prominenten kommt. Herstellungskosten (Rechenbeispiel): 3.000 Euro. Abzüglich Verkaufserlös 500 Euro. Bleiben 2.500 Euro, die stellt man dann dem glücklich Promovierten in Rechnung. Schon hat der Verlag sein Repertoire um einen bekannten Namen und ein bereits refinanziertes Werk erweitert und alle sind glücklich.

Allerdings dürften die Entwicklungen dieses Jahres die Fachverlage unruhig schlafen lassen, ob sie künftig doch jemandem die Manuskripte zu lesen geben müssen (Zusatzkosten um 1.000 Euro, plusminus), damit sie nicht in den Strudel der Plagiatsereignisse hineingezogen werden.

In dieser Richtung könnte man sogar überlegen, ob Verlage nicht wegen Urheberrechtsverletzungen belangt werden können, wenn sie die Manuskripte ungeprüft (unbesehen, muss man sagen) drucken.