Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Penisvergrößerungen und Hilfe bei Prüfungen

Hadmut Danisch
7.4.2011 0:21

Eigentlich wollte ich ja vom Urlaub aus hier nichts bloggen. Aber das war einfach zum Quieken.

Heute morgen ging ich durch die Fußgängerzone von Kapstadt. Ich weiß auch nicht, was heute los war, aber heute bekam ich von drei verschiedenen Instituten Werbezettel in die Hand gedrückt.

Es geht um afrikanische Geistheiler. Als ich abends ins Hotel zurückkam, fragten mich die Portiers, wie mein Tag gewesen sei. Ich haben ihnen von den Zetteln erzählt und sie haben sich gebogen vor
Lachen.

Diese Geistheiler bieten u.a. folgende Dienste mit Erfolgsgarantie an:

  • Erfolg in der Zukunft
  • Heilung von allenbekannten körperlichen Krankheiten,
    einschließlich HIV/AIDS
  • Vertreibung von Dämonen
  • Penis-Vergrößerungen und -Verlängerungen (was ich mir durchaus
    schmerzhaft vorstelle, weil sie für alle ihrer Leistungen 100% Erfolg
    innerhalt von drei Tagen garantieren, außerdem soll die Vergrößerung
    permanent sein)
  • Potenzverstärkungen, Heilung von allen Erektionsschwächen
  • Brustvergrößerungen und -verkleinerungen
  • Vaginalverkleinerungen
  • Lösung von Schwangerschafts- und Fruchtbarkeitsproblemen
  • Herstellung von Schwangerschaft
  • Loswerden von Schwangerschaft (schmerzlos innerhalb von 30 Minuten)
  • Heilung von Finanzproblemen (was erstaunlich ist, weil sie für die
    Heilung Geld haben wollen und einem nicht noch welches mitgeben),
    Schulden werden zu 100% gestoppt
  • Erfolglosigkeit bei der Jobsuche wird geheilt
  • Lösung und Gewinn bei Gerichts- und Scheidungsstreitigkeiten
    (wobei mir nicht klar ist, wer gewinnt, wenn beide Seiten zum
    Geistheiler gehen)
  • Unglück und böse Geister loswerden
  • Glück beim Glücksspiel, Lotto, Casino, Pferderennen (ich hätte
    eigentlich erwartet, daß dazu eher das Pferd zum Geistheiler müßte)
  • Unfertige Jobs jeglicher Ärzte
  • Fremdgehende Ehemänner
  • Zukunft voraussagen
  • Übergewicht

Tja, was es nicht alles gibt. „The miracle medicines can’t fail” heißt es.

Warum ich das aber hier bringe? Aus zwei Gründen.

Der eine ist, daß alle der Geistheiler akademisch bestückt sind. Zwei davon sind Doktoren, der dritte ein Professor. Würde mich mal interessieren, woher die die Grade haben.

Der zweite Grund ist, daß eben als Leistung auch „Passing exams & interviews” versprochen wird. Seitdem überlege ich, wie man das prüfungsrechtlich und wissenschaftsethisch einordnen würde.

Objektiv betrachtet ist es ja kein Betrugsversuch, weil derjenige ja nicht daran vorbeikommt, die Prüfungsleistung selbst zu erbringen. Wenn es dazu führt, daß der Geheilte beim Sex oder in Prüfungen besser ist, weil er auf Geister vertraut und damit auch mehr (falsches) Selbstvertrauen hat, ist das objektiv kein Schwindel.

Objektiv zweifeln könnte allerdings der Prüfer an der Befähigung zum selbständigen wissenschaftlichen Arbeiten, wenn jemand zum Geistheiler geht. Ist das aber ein hinreichender – oder gar zwingender? – Grund, jemanden die Promotion abzuerkennen?

Auf der subjektiven Seite ist es aber schon ein Betrugsversuch. Strafrechtlich könnte man das vielleicht als untauglichen Versuch ansehen – der ist aber auch strafbar. Wie aber wäre das wissenschaftsethisch zu sehen, wenn jemand mit etwas zu betrügen versucht, womit man objektiv nicht betrügen kann?

8 Kommentare (RSS-Feed)

J.
7.4.2011 10:56
Kommentarlink

Nunja. Wenn ich daran glaube, dass der Geistheiler mir die Kraft gibt, mich gründlich auf die Prüfung vorzubereiten, ist das dann noch Betrug?

Also mir ist nicht klar, wo Du die subjektive Seite des Betruges siehst. Welchen Irrtum will der Prüfling erregen bzw. glaubt er zu erregen?


Werner
7.4.2011 19:44
Kommentarlink

Solche Zettelchen liegen in der Schweiz häufig im Briefkasten, in Deutschland ist das wohl nicht so die Mode. Die Heiler sind immer Afrikaner.

“Brustvergrößerungen und -verkleinerungen”
Erich Kästner: Die Natur liefert die weibliche Brust in zwei Größen, zu klein und zu groß.

“Lösung und Gewinn bei Gerichts- und Scheidungsstreitigkeiten”
Wer gewinnt ist doch klar, der, der mehr bezahlt, was wieder vorher/nachher die “Heilung von Finanzproblemen” bedingt.

So greift eins ins andere. Schlußendlich sind die Wahlprogramme unserer staatstragenden Parteien gleich welcher Couleur in der Substanz auch nicht besser. Und nen Doktor haben die Protagonisten auch fast alle. Wo ist der Unterschied? Vielleicht die Hautfarbe?


Siap1984
8.4.2011 14:16
Kommentarlink

Erst einmal schöne Grüße nach Kapstadt!

Schöne Geschichte.

In der von Dir angedachten Konstellation kommt ein Betrugsversuch aber eher nicht in Betracht, weil der “abergläubische” Versuch – etwa durch Magie – schon länger nicht mehr als strafbar gilt*. Prinzipiell trifft Deine Einschätzung aber zu.

Vermutlich hat der (bekannt gewordene) Besuch beim “Geisterheiler” zwar Auswirkungen auf das Renomée in der Wissenschaftscommunity**, aber für die Aberkennung des Doktorgrads wird sich damit kaum rechtfertigen lassen, da – wie Du auch schreibst – der Proband die eigentliche Prüfungsleistung faktisch selbst vornehmen muss. Und der Besuch eines Motivationstrainers (zB) verstößt auch noch nicht gegen die Vorgabe, die Arbeit selbst anzufertigen.

*S. Etwa den Standardkommentar von Fischer, StGB, 58. Aufl. § 24 Rn. 9 mit weiteren Nachweisen zur herrschenden Meinung, der den abergläubischen Versuch aber selbst für strafbar hält (Folge: § 23 III StGB).

**Schönes Beispiel ist in der Rechtswissenschaft der Fall des angesehenen Rechtsprofessors Martin Kriele, der sich zwischenzeitlich offen zu einer Art Engelskult bekennt. Lesenswert dazu die Kritik von Kiesow, myops Nr. 7 (2009), 4 ff. und die Replik Krieles, myops Nr. 9 (2010), 75 f. Steht auch bei Wiki.


Hadmut Danisch
9.4.2011 14:55
Kommentarlink

@J.: Aus den Zetteln ging halt nicht hervor, ob sie den Prüfling oder den Prüfer verzaubern wollen.

Sich als Prüfling verzaubern zu lassen, wäre zwar prüfungsrechtlich an sich unkritisch, würde aber beim Thema Promotion die Befähigung zum selbständigen wissenschaftlichen Arbeiten doch in Frage stellen und damit m. E. nicht die Entziehung, aber das Nichtbestehen der Prüfung rechtfertigen, weil eben das besagte Prüfungsziel damit unvereinbar ist. Bei anderen Prüfungen wäre das allerdings schwierig.

Wenn man allerdings den Prüfer verzaubern läßt, dann wäre das m. E. ein (untauglicher) Versuch, die Prüfung zu manipulieren.

Soweit ich mich erinnern kann, hat bei der Fussball-WM irgendeine der afrikanischen Mannschaften ihr Tor verzaubern lassen, damit man keine Bälle mehr reinschießen kann. Hat aber nicht funktioniert.


Hadmut Danisch
9.4.2011 14:56
Kommentarlink

@Werner: Was bieten die den Schweizern denn an? Penisvergrößerungen oder Prüfungsunterstützung?


Werner
9.4.2011 16:42
Kommentarlink

“Was bieten die den Schweizern denn an?”
Die ganze von Dir beschriebene Palette. Ich bin sicher, daß auch individuelle Wünsche erfüllt werden, allerdings habe ich das nie ausprobiert. Einmal hatte ich so einen Medizinmann an der Haustür, er war nur schwer wieder loszuwerden. Normalerweise findet man kleine Zettelchen mit einer Handynummer, einem kurzen Abriß der Kernkompetenzen (Macht, Geld, Sex) und ganz wichtig, “große Erfolge in [irgendein afrik. Land]”, evtl. noch Studium an einer afrik. Universität, was wohl als Qualitätsnachweis dient. Mich hat das immer amüsiert.
Auf jeden Fall wird ein verstecktes Bedürfnis befriedigt, allerdings ist nur eins sicher, im Fall des Falles hast Du weniger Geld in der Tasche und der Medizinmann mehr.


quarc
14.4.2011 18:49
Kommentarlink

Der Gang zum Geistheiler ist auch nicht weniger rational als der Gang
zum Psychotherapeuten. In beiden Fällen erhofft man sich Hilfe, ohne dass
man notwendigerweise der zugrundeliegende Theorie zustimmen braucht
(und in beiden Varianten wird zuweilen sogar der Geist geheilt :-).

Man müsste da aber gegebenfalls noch mal anhand der englische Bezeichnung
sehen, ob nun der Geistheiler (mit Hilfe von Geister) heilt, oder ob
Geister heilen; ich vermute ersteres.

In Bezug auf Prüfungen halte ich es etwa für so unproblematisch wie
Prüfungsvorbereitungen in Form von Nachhilfe, Coaching oder auch
psychologischer Beratung bei Prüfungsschwierigkeiten, wie sie auch
an Universitäten selbst angeboten wird. Solche Angebote nimmt auch nicht
jeder wahr, aber sie stehen im Prinzip jedem offen und werden deshalb
nicht als unfairer Vorteil angesehen.

Wobei ich nicht zu beurteilen wage, wessen Erfolgsquote nun besser ist.


Markus
3.5.2011 10:33
Kommentarlink

Meiner Meinung nach schließt der “Versuch, sich verzaubern zu lassen” nicht die Fähigkeit, selbstständig wissenschaftlich zu arbeiten aus. Immerhin wird der Geistheiler oder Medizinmann kaum anbieten, an der Arbeit mitzuwirken.

Wenn man später an einem Projekt mitarbeitet, in dem diese Fähigkeit gefragt ist, kann man ja ggf. wieder einen Geistheiler aufsuchen um den Anforderungen zu genügen. Dass das Ergebnis gut werden kann, sollte ja die Promotion gezeigt haben.