Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Forschungsskandal um Klimaerwärmung und Peer Review?

Hadmut Danisch
21.11.2009 21:19

Da verdichtet sich gerade etwas, was ich noch nicht so richtig verstanden habe und von dem ich noch nicht weiß, was ich davon halten soll. Stichwort: Climategate

Da gehen gerade Gerüchte/Behauptungen/Artikel herum, daß es die Klimaerwärmung nicht (mehr) gäbe und das ganze ein Wissenschaftsschwindel sei. Siehe beispielsweise hier und hier (und zwar nicht mit Bezug auf den Skandal, aber auf die Erwärmung auch im SPIEGEL).

Ein Hacker will 1079 E-Mails und 72 Dateien aus dem Clima Research Center geholt und auf einem russischen Server öffentlich gestellt haben, die belegen (sollen), wie dort Wissenschaftler halbvertraulich miteinander korrespondieren und sich absprechen, wie sie nach außen hin wissenschaftliche Behauptungen aufstellen, an die sie selbst nicht glauben, und mit welchen fiesen Tricks sie Skeptiker niedermachen. Die Klimaerwärmung sei gar nicht vom Menschen verursacht, das wolle man nur glauben machen.

Ich rate hier erst mal zu äußerster Vorsicht. Ich glaube da erstmal nur eines, nämlich daß man da gar nichts glauben kann.

Einerseits gibt es da Aspekte, die für die Echtheit der Mails und des Skandals sprechen. Das entspricht alles so sehr und so genau den dreckigen Methoden in der Wissenschaft, die ich da selbst beobachtet habe – immerhin ja auch mit der Aufdeckung interner E-Mails und Schriftstücke. Das paßt alles so ganz genau in den Tonfall und die Denkweise, die ich auch in unseren Universitäten immer wieder vorgefunden habe – konspirativer Schwindel und Herumtrampeln auf Kritikern. Unwissenschaftlichkeit, die sich als Wissenschaft ausgibt.

Auf der anderen Seite muß man aber auch sehen, daß es da Milliardeninteressen und insbesondere in den USA eine Riesen-Lobby gibt, mit der Umweltverschmutzung, CO2 usw. weiterzumachen wie bisher und die Umweltschützer zu diskreditieren. Das könnte alles auch ein inszenierter Schwindel sein, um den Klimaschutz zu Fall zu bringen. Man muß dabei auch die politische Lage und den Zeitpunkt berücksichtigen. George W. Bush wollte von Klimaschutz nichts wissen, war geradezu ein Befürworter der Umweltverschmutzung. Und die USA gehören zu den größten Schadstoff und CO2-Emittenden, sind aber finanziell gerade so schwach, daß sie sich Umweltschutz gerade überhaupt nicht leisten können. Dazu kommt, daß seit Barack Obama Präsident ist und sich – eher moderat aber immerhin – für den Umweltschutz ausspricht und es gerade einige weltweite Gspräche und mögliche Abkommen gibt. Und genau zu diesem Zeitpunkt kommt plötzlich so ein Forschungsskandal ans Licht, der den ganzen Klimaschutz als Schwindel hinstellen will.

Das ist schlimmer als unglaubwürdig, das ist amerikanisch. Da wird immer sehr gerne die öffentliche Meinung manipuliert, denn öffentliche Meinung ist dort alles. Ich wage es derzeit nicht, mich in die ein oder andere Richtung zu bewegen, zu wenig Ahnung habe ich von diesem Fach, und zuviel Mißtrauen sowohl gegenüber diesen Wissenschaftlern, als auch gegenüber politischen und industriellen amerikanischen Interessen, denen bekanntlich jedes Mittel recht ist. Eigentlich kann man derzeit nicht viel mehr tun, als die Sache mit äußerster Aufmerksamkeit zu verfolgen.

(Ich bin mir ziemlich sicher, daß sich allein schon während meiner Lebensspanne das Klima erwärmt hat, hier sind die Winter weit von dem entfernt, was ich aus meinen Kinder- und Jugendtagen so in Erinnerung habe, und auf einigen meiner Reisen habe ich so manche drastische Folge der Klimaerwärmung sehen können. Die Frage ist aber weniger, ob es eine Klimaerwärmung gibt, als eher, ob sie vom Menschen verursacht wurde. Ich habe die große Befürchtung, daß das Ergebnis dieses echten oder inszenierten Forschungsskandal sein wird, daß man glaubt, daß das Verhalten des Menschen keine Auswirkung auf das Klima hat und man deshalb wieder volles Rohr und ungehemmt Dreck in die Atmosphäre bläst.)

Die Sache hat aber noch einen ganz anderen Aspekt, der dem Thema meines Blogs viel näher kommt: Es zeigt das inzwischen tiefe Mißtrauen gegenüber Wissenschaftlern, und daß man ihnen in der Öffentlichkeit inzwischen jeden Schwindel sofort zutraut. Offenbar hat die Wissenschaft – nein, nicht die Wissenschaft, sondern die Wissenschaftler, das ist was ganz anderes – inzwischen ihre Glaubwürdigkeit weitgehend und tiefgreifend verspielt.

Interessant ist auch, daß man als Folge dieser aufgedeckten E-Mails (falls die sich denn wirklich als echt herausstellen) den Peer Review als wertlos, konspirativ und betrügerisch ansieht. Den Peer Review halt ich aus meinen Beobachtungen der letzten 10 Jahre ebenfalls für einen Ausdruck der Korruption und Vetternwirtschaft, nicht der Wissenschaft. Zu stark sind die Zitierkartelle, und zu oft habe ich hochangesehene Wissenschaftler dabei erwischt, daß sie überhaupt nicht in der Lage waren, eine wissenschaftliche Arbeit seriös zu bewerten – und damit auch zu einem Peer Review nicht in der Lage wären. Das ist deshalb interessant, weil der Peer Review ja immer als das einzige, stärkste und unfehlbare Mittel hingestellt wird, höchstqualitative Wissenschaft zu garantieren – und letztlich doch nur ein Tarnmantel für grenzenlosen Schwindel ist.

Das Ding wird gerade als größter Forschungsbetrug der Neuzeit hingestellt – und das will etwas heißen, denn schon unsere Exzellenzinitiative hat die Latte da ziemlich hoch gelegt.

Schaun wir mal, was da rauskommt. Ich glaube schon, daß – egal was nun mit dem Klima stimmt oder nicht – da noch allerhand Dreck aus dem Wissenschaftsbereich ans Licht kommt und die weiter an Glaubwürdigkeit einbüssen, was sie sich durchaus selbst zuzuschreiben haben. Es dauert nicht mehr lange, dann sind Wissenschaftler und Professor Schimpfwörter.

Nachtrag 1: Danke übrigens an den Leser für die Hinweise.

Nachtrag 2: Siehe auch diesen Blog-Eintrag. Daraus auch folgendes Zitat:

This was the danger of always criticising the skeptics for not publishing in the “peer-reviewed literature”. Obviously, they found a solution to that–take over a journal! So what do we do about this? I think we have to stop considering “Climate Research” as a legitimate peer-reviewed journal. Perhaps we should encourage our colleagues in the climate research community to no longer submit to, or cite papers in, this journal.

Vom Klima mal ganz abgesehen – da kommt dann mal ans Licht, mit welchen Methoden da die Journals und die Peer Reviews manipuliert werden. Das alte Schema, das ich in Deutschland so oft gesehen habe: Was der eigenen Meinung ist, ist gut, seriös, wissenschaftlich, anerkannt. Was anderer Meinung ist, ist wissenschaftlich unbeachtlich, nicht zitierfähig. Dieses ganze Wissenschaftssystem ist ein einziger, großer, stinkender Haufen Mist.

2 Kommentare (RSS-Feed)

Stefan W.
22.11.2009 7:44
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Man muß doch eigentlich konstatieren, daß Klimawandel und Wissenschaftsbetrug orthogonale Erscheinungen sind.

Ich gehe doch davon aus, daß es Opportunismus, Käuflichkeit und Schwindel auf relativ breiter Front gibt, und ob es nun einen Klimawandel gibt oder nicht – das wird aus einem mittelmäßigen Wissenschaftler der vielfach verstrickt ist und gelernt hat, seine Aussagen nach Windrichtungen kommerziell vielversprechend auszurichten keinen unabhängigen Wissenschaftler machen, der sein Fach beherrscht, und selbstbewußt vertritt was er für richtig hält.

Und Interessen sind sicher für diese wie jene und auch dritte Ansichten zu finden – es gibt keinen Klimawandel, es gibt einen, der aber nicht menschengemacht ist, oder es gibt einen menschengemachten.

An schmelzenden Gletschern und der Zunahme an Hautkrebs in Australien zweifle ich eigentlich nicht mehr, auch wenn ich davon keine echte Ahnung habe.

Auch wenn ich meine, daß es verantwortungsvoll ist, den Klimawandel als bedrohlich ernst zu nehmen darf ich nicht denken, daß alle, die davor warnen integer sind. Eigentlich ist es vernünftig anzunehmen, daß die auch nicht mehr integer als die anderen sind. Außer in diesem Punkt vielleicht.


Hadmut Danisch
22.11.2009 12:30
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Orthogonal, ja, das ist wohl die richtige Einschätzung dafür.