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Buchkritik: Programmierung und Programmiersprachen – Dissertation von Heike Stach

Hadmut Danisch
16.5.2009 1:25

Hier eine Buchkritik, die auf dem mehr oder weniger gescheiterten Versuch beruht, eine Dissertation zu lesen, die in personellem Zusammenhang mit den Bürgerportalen bzw. De-Mail des Bundesinnenministeriums steht. Oder: Wie man die seltsamen Eingebungen des Bundesinnenministers Schäuble vielleicht erklären könnte.

Wer mich und meinen Hintergrund kennt weiß, daß ich besonderes Interesse an Informatikdissertationen, vor allem aus dem weitesten Umfeld der Sicherheitsthematiken, habe und daß ich den IT-Unterfangen unserer Regierung sehr kritisch gegenüberstehe. Ich habe mir vor einigen Monaten mal irgendwas zu diesem Regierungsvorhaben der Einführung eines Mailportals durchgelesen, fand darin aber nichts substantielles und habe das unter all der anderen Arbeit zunächst wieder völlig vergessen. Nun fiel mir aber eine Meldung in Fefes Blog auf, wonach sich diese Projekttruppe auf einer BSI-Tagung vorgestellt und dabei ziemlich blamiert haben soll. Irgendwie fand ich das – gerade vor dem Hintergrund aktueller seltsamer IT-Projekte – nun doch interessant und habe mal angefangen, mich damit zu befassen (siehe a, b, c). Und nachdem da als Projektleiterin im BMI eine gewisse Dr. Ing. Heike Stach angegeben war, der in Fefes Blog auch die Blamage zugeschrieben wurde und die sich angeblich argumentativ ärmlich darstellte aber eigene Jubelperser mitgebracht haben soll, ist da bei mir der Jagdinstinkt angeschlagen. Ein Werdegang, der so überhaupt keine Beziehung zur IT-Sicherheit und eigentlich auch keine Informatik erkennen läßt. Trotzdem promoviert, im IT-Stab des Bundesinnenministeriums und Leiterin eines Projektes zur sicheren und rechtsverbindlichen Übermittlung von Nachrichten an Bürger. Das ist was für IT-Juristen und beinhart erfahrene IT-Security-Profis, aber doch nicht für jemanden mit Hintergrund Soziologie. Was gehen denn da unter Schäubles Dach schon wieder für seltsame Dinge vor sich?

Eine kurze Literatursuche brachte eine Dissertation unter dem Titel Programmierung und Programmiersprachen. Wissenschafts- und Technikentwicklung als kultureller Prozeß. TU Berlin, 1999 hervor. Ich bin noch nicht ganz sicher, ob es dieselbe Person oder nur eine Namensgleichheit ist, aber fand keine andere Dissertation zu dem Namen, und Datum und Thema würden genau zum Werdegang passen. Eine Informatik-Dissertation zum Dr. Ing. über einen “kulturellen Prozeß”? Was soll das denn sein? Also flugs in der örtlichen Bibliothek gesucht.

Nun hänge ich ja neuerdings im Münchner Raum. Die hiesigen Bibliotheken sind nicht so der Brüller. Zuerst habe ich natürlich in der Informatik-Bibliothek der TU München gesucht. Die haben diese Diss zwar im Bestand, aber nicht in der Informatik- sondern in der Zentralbibliothek in der Innenstadt, weil sie diese Dissertation nur auf Microfiche haben und die Informatikbibliothek dafür nicht einmal Lesegeräte hat. Also hin. Leider bin ich gestern abend erst kurz nach 21 Uhr dort angekommen. Die bestellte Diss war auch tatsächlich als Mikrofiche da, aber sie haben nur ein Lesegerät, und da war die Birne durchgebrannt. Jede Menge Dissertationen auf Mikrofilm und nur ein einziges, noch dazu kaputtes Lesegerät. Sagt das nicht schon alles? Verblüffenderweise konnte ich die Mikrofiches nicht einmal zurückgeben, weil die Dame an der Ausleihstelle mir erklärte, daß die nun schon auf meinen Namen ausgeliehen seien und ich sie aus irgendwelchen Gründen, die ich nicht verstanden habe, an diesem Abend nicht wieder zurückgeben könnte, ich sie also mitnehmen müßte. Ganz toll. Nun habe ich die Diss in der Jackentasche und kann sie nicht lesen.
Ich hatte dann aber doch die Idee, es mal in der Bayerischen Staatsbibliothek zu probieren. Die hatten tatsächlich sogar einige Lesegeräte, die funktionierten auch, aber leider ohne Möglichkeit zum Ausdrucken. Und als ich dort endlich angekommen war, war es schon deutlich nach 22 Uhr.

Ich habe also nur etwa eine knappe Stunde darin herumgelesen. Mehr war aus technischen Gründen nicht drin. Nun muß ich erst einmal eine Möglichkeit suchen, einen Microfiche scannen zu lassen. Mein billiger Dokumentenscanner packt das nicht.

Ich habe also etwa eine Stunde stichprobenartig Absätze gelesen und jede Seite mal überblättert, vieles auch gelesen. Es ist aber ziemlich anstrengend, sowas auf Mikrofiche zu lesen, weil es negativ dargestellt wird und nicht eine ganze Seite auf die Anzeige paßt. Außerdem waren die Filme ziemlich dreckig und voller Flecken – oder zumindest saubere Abzüge einer dreckigen Vorlage. Und dann mühsam ein paar Auszüge von Hand abgeschrieben.

Um es vorweg zu nehmen: Mir sind beim Lesen alle Kreisel ausgegangen. Ich habe mich wirklich gefragt, ob die beim Schreiben auf LSD war. Da promoviert jemand zum Dr. Ing. in Informatik, und in der Dissertation ist nichts, wirklich nichts zu finden, was ich ernsthaft in die Informatik oder irgendeine Ingenieurleistung einordnen könnte.

Nach dem Blick in das Inhaltsverzeichnis war ich noch gut gelaunt, denn da ging es um die Entwicklung von Rechnern wie EDVAC und ENIAC, um die Entwicklung früher Programmiersprachen wie Fortran, Algol und Lisp.

Schon da war ich sehr irritiert, denn das ist eher Computerarchäologie. Wie man 1999 eine Dissertation über Programmieren und Programmiersprachen schreiben kann, wenn das Zeug darin schon 40 bis 50 Jahre alt ist, war mir ein Rätsel. Wo soll denn da noch ein wissenschaftlicher Neuigkeitswert liegen? Was soll das überhaupt bringen? Es ist inzwischen über 20 Jahre her, daß ich diese Programmiersprachen das letzte Mal benutzt habe. Das Zeug ist hoffnungslos veraltet. Keine einzige auch nur halbwegs aktuelle Sprache taucht in dieser Dissertation auf. Kein modernes Sprachkonzept, nichts. Und Bücher über Fortran und Lisp habe ich beim Ausmisten schon vor Jahren rausgeworfen. Und da promoviert jemand 1999 darüber?

Naja, jedenfalls war ich bis dahin zwar verwundert, aber doch gut gelaunt und erwartungsfroh, denn ich liebe es eigentlich, historisches Computerzeugs
anzuschauen. Ich war neulich in England in Bletchley Park, wo sie auch noch alte Computer, Funkgeräte und so Zeugs ausgestellt haben. Ich wäre fast gar nicht mehr raus. Also eigentlich dachte ich schon, da interessante Technik in dieser Dissertation zu finden.

Nichts. Einfach nichts.

Auf einer Seite gibt es mal zur Anschaung drei oder vier Ausdrücke in Fortran. Aber nicht irgendwie erklärt oder technisch unterlegt, sondern eher so “Guckt mal wie das aussieht” für Leute, die überhaupt noch nie programmiert haben. Die Autorin geht da durch wie Alice im Wunderland.

Der Rest der Dissertation ist, soweit ich sie gelesen oder überflogen habe, ein unsägliches Geschwafel. Nur so geisteswissenschaftliches Geblubber aus sinnentleerter Wortakrobatik. Textinterpretation, wie irgendwer irgendwas wohl gemeint haben würde, Formulierungsverrenkungen. Solcher Dampf, wie ihn Geisteswissenschaftler verursachen ohne eigentlich eine Aussage zustandezubringen. Diese Dissertation in Informatik hat bei mir in einer Dreiviertel Stunde den starken Eindruck hinterlassen, daß die Autorin trotz Diplom in Informatik nicht einmal entfernt aufgenommen hat, worum es in Informatik geht und was deren Ziele sind. Was die Autorin dieser Dissertation – soweit ich das beurteilen kann – ohne weiteres ist, ist eine Soziologin. So liest sich das auch. Aber Soziologie ist keine Ingenieurswissenschaft, sondern eine LaberGeisteswissenschaft.

Ich war mal vor Jahren auf einer Mailingliste über Nachhaltigkeit. Eigentlich sollte es um Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien gehen. Irgendwie kamen da aber ein paar Geisteswissenschaftler rein. Und was dann abging, spottete jeder Beschreibung. Ohne irgendein Thema oder irgendeine Aussage zu haben, donnerten die da mit ellenlangen Satzungetümen und Wortakrobatiken herum. Sprachwichserei in übelster Form. Ewig lang und kaum lesbar schufen die Sprachmonster, in denen sie auf Aussagen von diesem oder jenem abhoben, in einen Wettbewerb traten, wer das größte abgefahrene Vokabular hat, die schrägsten vertracktesten Grammatikpirouetten dreht, die inhaltslosesten Formulierungen findet und die meisten Leute zitieren kann, die entweder ganz wichtig sind oder sonst keiner kennt. Die schaukelten sich da hoch, ohne daß jemals erkennbar wurde, was eigentlich deren Standpunkt war und worauf sie hinauswollten. Das brauchten die gar nicht. Schwafeln und des Schwafelns Willen, wie im Debattierclub ab 2 Uhr morgens. Und an diese Mailingliste mußte ich unwillkürlich denken, als ich diese Dissertation las. Man liest und liest und liest und kann hinterher beim besten Willen nicht sagen, was die Frau eigentlich sagen will. Man geht da raus und weiß eigentlich nicht, was eigentlich Thema und Inhalt dieser Dissertation sein könnten. Irgendwas mit soziologisch philosophischen Ansätzen. Schwafelschäumung.

Damit ich einfach überhaupt irgendetwas habe, denn ich konnte ja nicht einmal Kopien machen, habe ich mir drei Sätze aus unterschiedlichen Abschnitten notiert:

In den Aussagen über das Kodieren wird jedoch deutlich, daß es ohne eine Maschine, die einen Speicher und eine Steuereinheit C besitzt, nicht denkbar ist.

Was ist denn das für eine bescheuerte Aussage? Sie redet also seitenweise vom Kodieren, meint damit irgendwie eine philosophische Tätigkeit, in Maschinensprache zu programmieren. Zwar ist auch das Umsetzen eines Programmes in eine Maschinensprache im Prinzip auch ein Kodieren, aber der Begriff gehört eigentlich eher in die Informationstheorie. Irgendwie wirkt das alles, als hätte es jemand geschrieben, der in seinem ganzen Leben noch nie etwas programmiert hat. Nun liest sie irgendwelche prosaischen Texte von frühen Entwicklern, u.a. Backus, und “textinterpretiert” deren Aussage, daß sie wohl immer von einer Maschine mit Speicher und Steuereinheit reden, und man deshalb deren Aussagen so verstehen müßte, daß es anders nicht denkbar ist.

Ich dachte ich steh im Wald. Die schien von Maschinenmodellen noch nie etwas gehört zu haben. Oder von Rechnern ohne Steuereinheit, wie z. B. Analogrechner oder optisches Rechnen. Außerdem ist die Aussage ein Zirkelschluß: Wenn man nämlich das Kodieren als sequentielle Befehle für eine Steuereinheit ansieht, dann ist in der Tat ohne Steuereinheit nicht viel damit anzufangen. Ein Programm für eine Steuereinheit bringt nicht viel ohne Steuerheinheit. Hua.

Oder das, aus dem Kapitel “Immeterielle Maschinen” (soweit handschriftlich-gekritzelt notiert):

In dem “First Draft of a Report on the EDVAC” führte von Neumann, wie in Abschnitt 2.2.2 aufgezeigt, zur Darstellung seiner Überlegungen in Anlehnung an die Neuronenmodelle von McCulloch und Pitts eine über den konkreten technischen Gegebenheiten angesiedelte Abstraktionsebene ein – ein Umstand, der ermöglichte, auf einer allgemeineren, die Maschine transzendierenden Ebene zu diskutieren und Rechnerbau auch als mathematisch-logisches Problem zu begreifen.

Auf einer allgemeineren, die Maschine transzendierenden Ebene zu diskutieren. Ermöglichen, Rechnerbau auch als mathematisch-logisches Problem zu begreifen. Nochmal: Ermöglichen, Rechnerbau – RECHNERBAU! – als mathematisch-logisches Problem zu begreifen. Und sowas lassen die als Dissertation durch. Man kann sich zum Vergleich mal diesen Draft von 1945 ranholen. Zwar kommen da schon diese Begriffe drin vor, aber man glaubt nicht, daß die Frau von diesem Werk redet, denn da steht einfach technisch drin, wie man Computer baut. Und weil es eben damals zu den ersten gehörte, mußte man mit dem bestehenden Vokabular auskommen. Verstanden scheint das aber nicht zu haben. Wie Alice in Wonderland.

Oder auf Seite 109:

Wie der Exkurs verdeutlicht, unterliegen der “General and Logical Theory of Automata” behavioristische Sichtweisen. Jedoch wird nicht nur, wie das in behavioristischen Untersuchungen und auch in “Behavior, Purpose and Teleology” in der Regel der Fall war, von außen bebachtbares Verhalten untersucht.

(Gemeint sind wohl das und das, muß ich mal detailliert lesen.) Das Black-Box-Model in der Automatentheorie als “behavioristische Sichtweise” einzustufen, ist eine so weit an den Haaren herbeigezogene Analogie, wie sie wohl nur ein Soziologe verzapfen kann, der sich aus Versehen in die Informatik verirrt hat. Das wirkt auf mich, als habe da jemand nur den Satz soziologisch-geisteswissenschaftlicher Begriffe und Verständniskategorien und versucht, eine ihm völlig fremde Welt zu beschreiben. Wie jemand in einem fremden Land, der die Fremdsprache “Informatik” nicht erlernt hat und versucht, auf seine Weise zu beschreiben, was er nicht richtig versteht.

Seite 159 (wieder als handschriftliche Notiz von mir):

Die Selbstverständlichkeit, mit der die FORTRAN-Sprache als mathematik-ähnlich eingeschätzt wurde, kann auch in Zusammenhang mit der allgemeinen Wahrnehmung der Rechenmaschinen gesehen werden.

Da ist man wirklich baff. FORTRAN, der Name gebildet aus Formula Translation, entwickelt für numerische Anwendungen, war eine nur für Mathematik entworfene Programmiersprache. “Die Selbstverständlichkeit, mit der FORTRAN als mathematik-ähnlich eingeschätzt wurde”. “Im Zusammenhang mit der allgemeinen Wahrnehmung der Rechenmaschine”.

Das klingt für mich, als würde jemand, der kein bischen verstanden hat, worum es da geht und was das mit Mathematik zu tun hat (warum heißen die Dinger wohl Rechenmaschinen?) und warum andere Leute Rechenmaschinen und FORTRAN so sehen, als hätten sie irgendsowas Entferntes mit Mathematik zu tun, sich darüber wundern und versuchen, das soziologisch zu erklären.

So wie jemand, der nicht rechnen kann und sich staunend darüber wundert, warum trotzdem alle um ihn herum übereinstimmend glauben, daß 2+2=4 ist und nun versucht, das als soziologisches Phänomen zu beschreiben. Selbst wenn das dann soziologisch sogar richtige Beobachtungen liefert und die Aussagen der Befragten beschreibt, geht es trotzdem meilenweit an der Sache vorbei, und der Untersuchende hat nicht verstanden, worum es geht, daß das nicht auswendig gelernt oder nachgeahmt ist, sondern welche Gedankenmodelle hinter dem Rechnen stehen.

Ich glaube, wer so schreibt, belegt dadurch, daß er Informatik nicht verstanden hat. Mag sein, daß sowas in der Soziologie aufgehoben und vielleicht sogar gut wäre. Das kann ich nicht beurteilen. Meine Meinung über die Geisteswissenschaften ist nicht die beste. Aber wie man jemandem, der solche Aussagen trifft, überhaupt ein Diplom in Informatik, noch dazu einen Doktor in Ingenieurwissenschaften geben kann, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen.

Nun habe ich diese Microfiches hier liegen und kann sie nicht einmal lesen. Ich muß mich erst um eine Methode bemühen, die Dinger in einen lesbaren Zustand zu überführen um das näher zu untersuchen.

Wenn es sich aber tatsächlich um diese Heike Stach handelt, die Projektleiterin für das Bürgerportal ist, dann gruselt es mir vor diesem Portal.

Andererseits, wenn man mit sowas schon in den IT-Stab des Innenministeriums kommt, dann wundern mich die seltsamen Anwandlungen und das Versagen der Politik bei IT-Projekten und unserer IT-Infrastruktur überhaupt nicht mehr. So langsam kann ich mir aber vorstellen, wie unsere Politiker zu ihren seltsamen Ansichten über das Internet, Urheberrecht, Kinderpornosperren kommen. Wenn Leute mit solchen soziologischen Herangehensweisen in den IT-Stäben als Berater sitzen, nicht weiter verwunderlich.

Hinweis: Hier hatte ich ursprünglich noch etwas zu Frauen in den Technischen Wissenschaften geschrieben. Weil es aber doch ein anderes Thema ist und einige Leser den Text zur Dissertation und den zum Thema Frauen unterschiedlich kommentierten, habe ich den Teil in einen separaten, neuen Blog-Artikel verschoben.

4 Kommentare (RSS-Feed)

Peter
16.5.2009 8:53
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Bist Du sicher, daß Frauenquoten an Universitäten “hart” implementiert werden/wurden? Ich kenne bis jetzt nur die “weiche” Implementierung: bei gleicher Befähigung wird die Kandidatin bevorzugt. Das sollte die Bestenauslese eigentlich intakt lassen, oder? (Die üblichen Korruptionsunterstellungen mal beiseite gelassen. 🙂 )

Bei Kinderpornosperren kann sich Frau von der Leyen auch nicht mit einen inkompetenten Beraterstab rechtfertigen, da der wissenschaftliche Dienst doch sehr deutliche Worte zu ihrem Vorhaben gefunden hat.

Die Ursache “Beratungsresistenz” ist hier wohl treffender.


Hadmut
16.5.2009 9:44
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Ja. Weiß ich von einigen Fällen. Zwar stand das nie formal so da, aber an der Uni zählt nie, was auf dem Papier als Regeln steht, da läuft immer, fast zwanghaft, etwas anderes. Das war halt so, daß man plötzlich und sofort Frauen brauchte, um nicht als Chauvi-Club dazustehen und deshalb die genommen hat, die als erste draußen vorbeiliefen.

Auch die von Dir beschriebene “weiche” Implementierung bringt das nicht. Beispiel: Nehmen wir an, es gibt 100 männliche und 100 weibliche Bewerber. Beide bestehen aus je 10 schlauen, 80 normalen und 10 doofen. Dann würden nach der “weichen” Implementierung zuerst die 10 schlauen Frauen, dann die 10 schlauen Männer und dann die 80 mittleren Frauen eingestellt. Wenn es ingesamt mehr als 20 aber weniger als 180 Neueinstellungen gibt, sind die Frauen im Mittel geringer qualifiziert als die Männer.

Allerdings muß man sagen, daß es an den Universitäten so etwas wie eine Bestenauslese überhaupt nicht gibt. Da herrschen bei der Auswahl eigentlich fast nur Willkür und Interessenwirtschaft. Es gibt ja nicht mal brauchbare Maßstäbe oder “Messverfahren” für die Befähigung.

Und daß die Auswahl nach Äußerlichkeiten geht, wird man auch nicht bestreiten können, das ist in jedem Bereich so. Eine gut aussehende attraktive Frau wird fast immer einem pickeligen ungepflegten Nerd vorgezogen, selbst wenn sie doof wie Holz und er ein Genie ist. Es gibt ganze Institute, die man eigentlich nur als Hühnerhof oder Harem des Profs bezeichnen kann.

Die Wirkung der “Berater” in den Ministerien sollte man nicht unterschätzen. von der Leyen hat sich nach außen hin als extrem beratungsresisten dargestellt, sie macht ihre Arbeit aber auch nicht selbst, das sind viele interne Leute, die das machen. Und das BMI hat seinen “IT-Stab” ja auch nicht für nichts. Die Kinderpornosperre war von Anfang an zwischen den Ministerien abgesprochen und eine Kooperation. Das sieht nur so aus, als ob vdL da die Hauptfigur wäre, weil die halt ständig ins Rampenlicht drängt und sich selbst darstellt, und immer wieder vor den anderen losrennt. Die ganze Zeit über war das BMI im Hintergrund aber dabei. Ohne BMI ginge da gar nichts, denn das BKA untersteht dem BMI. Und die werden sich auf sowas nicht einlassen ohne Zustimmung ihres IT-Stabes. Wofür sonst hätten sie den?


Doc Green
17.5.2009 16:41
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Hey! Bitte ja?
Ich kann ja verstehen, dass es eine gewisse Spannung zwischen Geisteswissenschaftlern und Naturwissenschaftlern gibt, aber ich fühle mich als ITler und Soziologe etwas gekränkt. Ich möchte nicht mit solchen Leuten in einen Topf geworfen werden. Man kann doch nichts fuer die schwarzen Schafe, die um einen herum ihr Unwesen treiben, denn nicht zu letzt sollten alle ja nach dem Ideal der Wissenschaft forschen und dissertieren, da gibt es nunmal Leute, die das nicht tun und dafuer kann ich beim besten Willen nichts.


Hadmut
17.5.2009 17:44
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Naja, das sehe ich schon ein bischen anders.

Zwar gibt es in jeder Schafherde ein paar schwarze Schafe, aber solange sich eine Schafherde nicht so richtig von denen distanziert und denen kommentarlosen Unterschlupf gewährt, ist die Herde auch nicht so richtig weiß.

Bei den Informatikern gibt es sehr viele schwarze Schafe. Und die gibt es deshalb, weil man in der Informatik – bzw. vielen technischen Fachrichtungen – die Kritik schlechthin abtrainiert hat.

Schwarze Universitätsschafe existieren im Wesentlichen nur und können nur existieren, weil die Universitätsherde sie duldet und schützt. Insofern unterliegt jede Fachrichtung, die sich ihrer Selbstreinigung und Selbstkritik entledigt hat, einer gewissen Sippenhaftung. Ich weiß nicht, wie es bei den Soziologen so ist. Aber bei den Informatikern ist es so.

Erst wenn genügend viele Leute einer Fachrichtung richtig weiße Schafe sind, sich ordentlich und deutlich für Maßstäbe und Anforderungen aussprechen und sich von solchen Vorgehensweisen distanzieren, kann so etwas eingedämmt werden. Dann nämlich trauen sich die Leute mit sowas auch nicht mehr raus.